Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

317 viel zu tun; nimmt man einen Lehrer auf Universitäten oder Lyceen zu Gesicht, der täglich 2 Stunden öffentlich und in den Hörsälen angestrengt lehren und hiemit auch predigen muss, der oft mit Privatkollegien auf mehrere Stunden im Katechisieren kommt und tag- täglich seine Schüler anhört und ihre Zweifel löst, so hat man an einem solchen Mann einen Lehrer, der 6 Tage ohne Kaplan unterrichtet und just einen Tag in der Woche ganz frei hat, und andemSeelsorger einenMann, der außer eines Speisganges nur amSonntag 2 Lehrstunden, an den übrigen 6 Tagen aber so viele freie Stunden hat. Das Studium auf die Sonntagspredigt kann ihn unmöglich die ganzeWoche hindurch beschäftigen und un- glücklich, wenn sie ihn beschäftigt, denn gemeiniglich, wann Pfarrer studierte Predigten machen, heißen dieselben nicht viel und sind für das Volk, welches in homiletischer, freundschaftlicher, fasslicher Art, so liebals lehrreichen Tönen gerade nach den Tönendes Evangeliums unterrichtet werden muss, von sehr geringem Nutzen. Ein im Generalsemi- nar gut unterrichteter Geistlicher, ein guter Exeget, ein echterMoralist wird auf seine Pre- digt nicht lange zu studieren und, weil er öffentlich guten Unterricht zu geben schicklich ist, sodann seinen Schäflein nicht soviel heimlich zu sagen haben, folglich mit einem ge- prüften und eifrigen Schulmeister mehreren Nutzen schaffen als jetzt mancher Pfarrer mit vielen Kaplänen schafft." Über die Stiftsgeistlichen präliminiert Eybel folgendermaßen: Das geistliche Personal im Stift, inklusive Prälat und 4 Offiziale, wird in Kürze auf 9 heruntergekommen sein, 21 sind schon ausgesetzt, 7 schon wieder bestimmt abgängige Kaplanstellen zu besetzen— im Interesse der Ruhe des Stiftes und der einzelnen. Eine Beilage — erzählt Eybel — musste entstehen aus den Klagen der Geistlichen, welche absolut von der Kommission gehört werden wollten; ihre und die Aussage des Prälaten und des geklagten Kuchelmeisters wurden genau protokolliert; etwas Mutwille, Neid gegen die Offiziale, die in fast jedem Stift Minister machen, noch mehr aber der Mangel hinlänglicher und nützlicher Beschäftigung scheinen die Grundursache dieses Klosterwirbels zu sein. Der Herr Prälat, der gegen seine Untergebenen sehr schonend ist, überlässt doch von derselben stetem Aus- und Herumlaufen, von Verschenken und Ver- kaufen, von Spielen und dergleichen dem Leser des Protokolls wirklich vieles nachzuden- ken und Kommissarius muss selbst bestehen, dass, da er bei ihrem Vorwand, durch das dermalige Chorgebet im Studium gehindert zu sein, den vom Herrn Prälaten genehmig- ten Vorschlag gemacht hat ordentliche Studierstunden einzurichten, zuwelchen geläutet werden sollte, und binnen welchen niemand aus dem Stift gehen und das silentium bre- chen dürfte, einige dieser Geistlichen die Mienen so geändert haben, als sie immer ein Delinquent ändern kann, wenn man das Wahre in constituto trifft. Übrigens wird die mit Ernst und gütigem Zureden erhaltene Ruhe durch baldige und mehrere Beschäftigung in der Seelsorge befestigt werden, weil, soviel Kommissarius abnahm, diese jungen Kläger übrigens gute Talente, gute Grundsätze, Eifer für echte Seelsorge und Wohlstand bezeig- ten und nur des monastischen Zwanges und Mechanismus, so unter den Chorstunden die Zeit und nach den Chorstunden denMut sich nützlicher zu beschäftigen nimmt, über- drüssig zu sein scheinen. „Die Bitte des Prälaten um lebenslange Prälatenpension samt freiem Quartier, wenn einmal die Kommunität getrennt werden sollte, ist die Bitte eines bestverdienten,

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