Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

6 Trotz gesetzlicher Bedrohung der Emigration waren im Jahr 1751 einige Bauern heimlich aus dem Land gezogen, die sich dann in Regensburg und Ortenburg aufhiel- ten, aber nicht nur mittelst herumziehender Leute in steter Verbindung mit ihren An- gehörigen blieben, sondern auch selbst sich heimlich ins Land schlichen und die An- gehörigen vorbereiteten, ihre religiösen Ansichten offen zu bekennen, das Corpus evangelicorum werde sie unterstützen. Als die Kaiserin an die Obrigkeiten den Befehl hatte ergehen lassen, die Geistlich- keit bei Wegnahme lutherischer Bibeln, Gesangs- und Erbauungsbücher zu unterstüt- zen und dieser Befehl durch den Geistlichen zu Schwanenstadt vorgelesen wurde mit der Bemerkung, es wäre viel besser öffentlich hervorzutreten als heuchlerisch die Sakramente zu missbrauchen, da verlangten auf der Stelle viele aus dem Beichtregis- ter gelöscht zu werden. Allüberall brach nun die Abfallsbewegung hervor, zu hunder- ten drängten sie sich an die Pfarrer heran, um sich als lutherisch zu bekennen. Das Zureden der Seelsorger, ihre Hinweise auf die Folgen beantworteten sie mit der Er- klärung, dass sie unter den obwaltenden Umständen je eher desto lieber das Land verlassen wollten. Maria Theresia war bestürzt über diesen unvermuteten Losbruch des religiösen Aufruhrs. Mit Instruktion vom 22. März 1752 schickte sie den Hofrat Karl Holler von Doblhoff ab, um dem Übel zu steuern. Das Militär war angewiesen, im Bedarfsfall schleunigste Assistenz zu leisten. Doblhoff fand „infiziert" besonders die Gegenden bei Lambach, Schwanenstadt, Vöcklabruck, Ohlstorf, Kirchham, Sterling, Eferding, Schönering, Hörsching, Schlierbach, das ganze Donautal; das Salzkammergut dagegen fast gänzlich von der Irrlehre gereinigt! Doblhoff teilte das Traunviertel und das Hausruckviertel in acht Distrikte ein und bestimmte zu Untersuchungsstätten Wels, Lambach, Schwanenstadt, Vöcklabruck, Gmunden, Schlierbach, Kremsmünster, Eferding; dorthin wurden die Pfarrer und Vi- kare berufen zur Einvernehmung; er selbst besprach sich mit gut katholischen und mit irrgläubigen Untertanen. Er verlangte von den Klöstern, welche nicht tief in Schulden steckten, je zwei Priester, von Kremsmünster sechs als Missionäre. Im Verein mit den bischöflichen Deputierten, dem Konsistorialrat Riedlhamer und dem Dechant in Gunskirchen Join- ville, errichtete er 35 Missionsstationen mit 45 Priestern. Sie waren vier geistlichen Kommissions-Superioren unterstellt, jedem dieser war ein weltlicher Kommissär (Hofrichter oder Pfleger) an die Seite gegeben. Einer der Superioren war der Abt von Kremsmünster. Dieser ließ sich von Doblhoff bewegen, das Schloss Kremsegg und das Schulhaus zu Thalheim bei Wels als Konversionshäuser einzurichten, in welchen die- jenigen, so das Gift schon eingesogen, auf einige Wochen abgesondert durch fremde Priester sollten gründlichen Unterricht im Christentum empfangen können. Die tägli- che Alimentation war mit sechs Kreuzern bestimmt; um sie für die Armen zu beschaf- fen und für andere Bedürfnisse erachtete Doblhoff die Gründung einer eigenen Reli- gionskasse oder Kommissionskasse für notwendig; nach kurbayrischem Muster schlug er vor, im ganzen Passauer Diözesanteil sowohl im Land ob als auch unter der Enns von dem Übermaß aller Kirchengelder zehn Prozent abzufordern, außerdem soll- ten Kollekten unter den Gläubigen, eine charitative Unterstützung seitens der

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