Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

302 sei; es sei das einzige Säkularstift im Land ob der Enns und seine Geistlichen zu vergleichen den Kuratgeistlichen bei St. Stephan und St. Peter in Wien; alle vom ersten bis zum letzten haben die Verpflichtung der teuren Seelsorge zu obliegen. Er bittet daher, die Inventurskommission zurückzuhalten oder ihm ein Hofgesuch zu erlauben (Spital 8. Mai 1787). Die Inventurskommission aber wurde angesagt. Auf eine neuerdings eingereichte Bitte kam die Signatur dd. 25. Mai am 12. Juli nach Spital, der Propst möge noch die höchste Resolution beilegen, worin ihm un- geachtet seines Protestes anno 1782 zu fatieren befohlen worden war. Bei der Re- gierung fanden sie den Akt wahrscheinlich nicht. Der Propst erwiderte unter dem 16. Juli, dass ihm keine andere höchste Reso- lution zugekommen sei als eben jene, welche allgemein für die gesamte sowohl Regular- als auch Säkular-Geistlichkeit unter dem 5. Oktober 1782 ergangen war. Die Landesstelle erledigte darauf unter dem 22. Juli: durch solche Meldungen könne keine Landesstelle sich im Vollzug einer höchsten Resolution hemmen lassen. Aber schon war am 1. Juli die Bittschrift des Propstes mit der allerhöchsten Indorsation erledigt worden, dass die neue Verordnung nur auf Ordensstifte, für die eine bestimmte Anzahl von Geistlichen festgesetzt sei, und nicht auf das welt- priesterliche Kollegiatstift Spital sich erstrecke. Das Präsidium berichtet hierauf unter dem 16. Juli 1787 (ohne den Propst von dieser allerhöchsten Erledigung zu verständigen) an den Hof, dass es sich für ver- bunden erachte seine Gegengründe darzulegen: Die Stiftsherren sind keine wirklichen Seelsorger. Das Stift umfasst die Defizi- enten, die in ihrem Alter oder im Fall der Gebrechlichkeit von den Pfründen, die das Stift zu besetzen hat, wieder in das Stift zurückkehren. Bei der Abgelegenheit des Ortes ist auch eine so große Anzahl von Seelsorgern gar nicht nötig. Es frägt sich, ob eine solche Kommunität von Weltpriestern nach den damali- gen kirchlichen Einrichtungen noch bestehen könne, da sie dem Staat noch zweck- loser ist als eine Gemeinde von wirklichen Ordensgeistlichen. Die Anordnungen der Inventierung haben zur Absicht die Vermehrung des Religi- onsfonds und damit die Stärkung der Seelsorge. Demnach dehnt das Präsidium die höchsten Verordnungen auf alle geistlichen Kommunitäten aus, insofern sie in Hinsicht auf Seelsorge und Gottesdienst entbehrlich sind, sie mögen nun aus Ordens- oder Weltgeistlichen bestehen, also auch auf Spital, wenn nicht gar dieses zweckwidrige Institut ganz aufgehoben und dem Religionsfond einverleibt werden sollte. Der Propst aber hatte durch seinen Stiftsagenten erfahren von der bereits er- gangenen kaiserlichen Entschließung und erbat daher direkt vom Kaiser die Kom- munikation einer copia authentica der allerhöchsten Retrosignatur. Darauf wurde ihm indorsato unter dem 31. Juli erwidert: „Supplikanten wird das Behörige durch die obderennsische Regierung zukommen". Da ihm aber bis zum 30. August 1787 nichts zugekommen war, bat er die ob- derennsische Regierung um Erfolglassung. Er war dazu gedrängt, denn schon hatte auch das innerösterreichische Gubernium den Stiftsbeamten in Steiermark

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