Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

3 Im folgenden Jahr 1765 kam Josef wieder ins Land ob der Enns, um in Lambach seine zweite Gemahlin zu begrüßen (19. Jänner), die ihm bereits durch Prokuration angetraut worden war. Ein nicht ganz erquicklicher Streit knüpfte sich daran: Die Stände hatten ihre Aus- lagen aus Anlass des kaiserlichen Hochzeitszuges mit 16.239 fl. 59 kr. berechnet, die schließlich mit Resolution der Kaiserin vom 31. Mai 1766 auf das dortländige Domini- kale mit zwei Kreuzern und auf das Rustikale mit drei Hellern repartiert wurden. Der Prälat von Lambach hatte seine Kosten mit 9172 fl. 14 kr. in Forderung gebracht, deren Ersatz er umsomehr wünschte, als er die Zimmer (die noch heutzutage als Kaiserzim- mer bezeichnet werden) „mit einer Pracht ausgestattet hatte, die ihm für sein Ordens- haus auszulegen nicht beigefallen wäre“. Josef fühlte sich in seiner zweiten Ehe nicht glücklich; die Liebe zu seiner ersten Gemahlin beherrschte sein Herz, zu ihrer Familie fühlte er sich hingezogen; an den Vater der verstorbenen Isabella schrieb er von seiner zweiten Gemahlin: „Ich besitze eine vorwurfsfreie Frau, die mich liebt, und die ich um ihrer guten Eigenschaften willen schätze; aber gewohnt, meine Gattin anzubeten, leide ich für sie, dass ich sie nicht liebe.“ Schon 1767 ward Josefine vom Martyrium ihrer Ehe erlöst. Josef vermählte sich nicht wieder. Im Jahr 1765 am 18. August verschied Kaiser Franz in der Hofburg zu Innsbruck. Josef II. war (erwählter römischer) Kaiser. Am 17. September übertrug Maria Theresia ihm die Mitregierung in den österreichisch-ungarischen Erblanden. Beginnt nun der Josefinismus? 2. Religion und Politik der Mutter Josefs II. Maria Theresia, die Tochter Karls VI., die Mutter Josefs II., war schon Josefinerin. Charakteristisch ist, was gelesen wird in den undatierten, meistenteils aus dem Jahr 1751 und teilweise 1756 stammenden Aufzeichnungen Maria Theresias über die Ursa- chen und Wirkungen der Ereignisse in ihren ersten Regierungsjahren: „Meine Vorfahren haben aus Pietät viele und zwar die meisten Kameralgüter und Einkünfte verschenkt, was in jener Zeit zur Unterstützung der Religion und Förderung der Geistlichen wohl hat geschehen können. Da aber Gott uns jetzt in den deutschen Erblanden so gesegnet hat, dass sowohl die katholische Religion die blühendste, als die Geistlichkeit genugsam und wohl fundiert ist, so fällt dieser Grundsatz hinweg und ... ich hielte es vielmehr für schäd- lich, wenn an die Geistlichkeit noch mehr gegeben und abgetreten würde, weil sie ei- nerseits solches nicht bedarf, anderseits aber das, was sie besitzt, leider nicht so ver- wendet, wie sie sollte, dabei das Publikum sehr bedrückt, indem kein Kloster in den Schranken der Stiftung verbleibt und viele Müßiggänger aufgenommen werden, wel- ches alles eine große Remedur noch erfordern wird, das mit der Zeit und nach guter Überlegung weiters auszuführen gedenke.“

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