Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm
2 Die Kaiserin hatte nichts übersehen, auch in ihrer größten Mutterliebe nichts; aber sie hat nicht alles verhindern können. Als Lehrer der lateinischen Sprache war bestellt der Jesuit Ignaz Weikhart; in Ma- thematik unterrichtete den Kronprinzen der Oberstleutnant im Geniekorps Johann Brequin. Ungefähr in seinem zehnten Lebensjahr wurde Josef zu den Studien ernster angehalten; von da ab leitete sie Johann Christoph Freiherr von Bartenstein. Von größ- tem Einfluss soll Martini, Professor des Naturrechtes an der Universität Wien, gewor- den sein; bei ihm verlernte Josef das historische Recht. 19 Jahre alt vermählte sich Josef 1760 mit der Prinzessin Isabella von Parma. Zu dieser Vermählung gewärtigte Maria Theresia nach einer Note vomMärz 1760, „dass, obwohl nach dem Rezess die Hochzeitskosten allein von ihrem Ärar getragen werden sollten, doch mit Rücksicht auf die schweren Kriegsbedrängnisse die Land- schaft dasjenige, was vorhin in derlei Fällen aus gar löblich beobachteter Gewohnheit abgereicht wurde, auch jetzt geben werde, nämlich 40000 Gulden ins Ärarium und nebstdem „zu Handen unseres Sohnes Liebden“ 2000 Dukaten, binnen einem Jahr zu zahlen“. Josef erhielt von seiner Gemahlin 1762 ein Mädchen, das bei der Taufe den Namen Maria Theresia bekam. Im November 1763 starb Isabella; krank an den Blattern hatte sie im sechsten Monat der Schwangerschaft ein Kind geboren, das zwei Stunden nach der Geburt verschied. Noch beherrscht von ungemindertem Schmerz um die leidenschaftlich geliebte Gemahlin musste Josef die Reise nach Frankfurt zur Krönung antreten. Am 14. März fuhr Kaiser Franz mit seinen Söhnen Josef und Leopold durch Linz. Am 27. März erfolgte die einstimmige Wahl des 23-jährigen Josef zum König, am 3. April die Krönung. Die Rückreise wurde von Donauwörth aus auf der Donau gewagt. Sie war höchst unerquicklich durch schlechtes, kaltes Wetter; zwischen Passau und Linz war es so stürmisch geworden, dass an einer damals besonders gefährlichen Stelle des Stromes Kaiser Franz und der römische König Josef II. an die Ruder mit Hand anlegen mussten, um zu verhindern, dass das Schiff an die Felsen geworfen werde. Noch in Ottensheim musste das Schiff wegen Sturmes und Hagels mehrere Stunden liegen bleiben. Am 19. April, Gründonnerstag, erfolgte die Landung in Linz unter Kanonendonner und Glo- ckengeläute. Kaiser Franz blieb mit seinen Söhnen Josef und Leopold bis zum Karfrei- tag in Linz und fuhr dann „per postam“ nach Melk, wohin Maria Theresia entgegenge- kommen war zur gemeinsamen Feier des Auferstehungsabends und des Ostertages. Noch im selben Jahr 1764 kam Josef II. abermals ins Land ob der Enns — auf seiner Reise nach Bayern zur Brautschau. Am 1. November hörte er in der Karmelitenkirche zu Linz vom Sommerchor aus zwei heilige Messen; um 11 Uhr setzte er die Reise über Peuerbach fort nach Straubing. Die Wahl Josefs oder vielmehr sein Entschluss war gefallen auf Josefine, Tochter Karls VII., des Kurfürsten Karl Albert. „Eine Dampfnudel“ hatte sie Josef beim ersten Sehen genannt, „eine Heilige“ nannte sie Maria Theresia.
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