Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

V Vorrede Die Romantik der Ruinen ist ein besonders fesselnder Reiz an der Ge- schichte Josefs II. Ruinen sind Denksteine der Vergangenheit, an denen auch der Flüchtige nicht achtlos vorübergeht. In ihrer traurigen, toten Stille gebie- ten sie dem vorüberstürmenden Leben stille zu stehen und der sinnende oder forschende Geist belebt das öde, verfallene Gemäuer mit den Gestalten der Sage oder der Geschichte. Graues, verwittertes Steingemäuer mit starrenden Fensterhöhlen, gebro- chenen Gewölbebogen, ohne schützendes Dach, im stufenweisen Verfall ab- bröckelnd, umwuchert von Gras, umrankt von Gestrüpp, durchwurzelt, durchästet von Bäumen des Waldes ... solche Ruinen stehen nicht mit einer oder anderer Ausnahme als Denkmale des Josefinischen Klostersturmes im Land ob der Enns; aber das Ruinenhafte allenthalben! In den Auen des Weltstromes ragen gewaltige Mauern empor, ein mäch- tiger gedrungener Turm, das Steildach eines Münsters mit dem altertümli- chen Glockenhäuschen in der Waldeinsamkeit — an der Berglehne am rei- ßenden Gebirgsfluss auf dem Hügel über weiten fruchtbaren Ährenfeldern am Bergsee... erhebt sich weit ausgedehnt ein Palast, so einfach in mönchi- scher Schmucklosigkeit und doch so prächtig - eine herrliche Kathedrale in einem Dorf in ländlicher Abgeschiedenheit- so befremdend, so merkwürdig, so besonders, so sinnlos, so leblos! so verwahrlost? Der Wanderer schaut und sucht: es fehlt nichts am Gemäuer, blinkende Fenster tragen freundlichen Schmuck, es fehlt kein Ziegel am Dach, nichts im wohlgepflegten Garten, es fehlt nichts und doch etwas, etwas — die rechte Bestimmung die rechten Menschen dazu, das rechte Leben darin! Es liegt und brütet darüber der Geist des Zerstörten! Alle tragen sie ein unauslöschliches Etwas an sich: herabgekommen sind sie — von ihrer ursprünglichen Widmung, in der sie gegründet waren. Es zeigt sich allenthalben: zu anderem erbaut, zu anderem bestimmt, stimmen diese

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