Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

269 welcher Dank ward dem hochherzigen Fürsten von seinem Österreich? Eine wahre Schandpresse entstand, die Wien und Österreich vor Europa in ekelerregender Weise bloßstellte. Der Kaiser hob die Leibeigenschaft auf: hat er es zu früh getan, zu früh für die unsagbar beglückten Untertanen, zu früh für diejenigen, die bisher ihre Herren wa- ren? Dass er es so früh getan, gereicht zum unsterblichen Ruhm ihm und zumwahren Ruhm Österreich. Handel und Industrie zu heben war seine Leidenschaft; manches davon zeigt auch unsere Geschichte. Er trieb das Colbert'sche System in seinem Zollpatent (1784) auf die Spitze, das Publikum in arge Plakereien und in Schaden. Die inländischen Fab- riken, ohne Konkurrenz, konnten minderwertige Arbeiten zu teuer verkaufen; den österreichischen Waren wurde der Eingang in Nachbarstaaten erschwert. Großartiges leistete der Kaiser für den Volksschulunterricht, wenig für die Gym- nasien, die Universitäten wurden erniedrigt zu Drillanstalten, an ihnen sparte der Kaiser. — Dem hochgeistigen Kaiser dankte die Wissenschaft nicht. Hat er durch alles das Gute, was er tat, die Liebe seiner Völker gewonnen? Er tat nicht leicht Gutes, ohne wehe zu tun auf der anderen Seite. Das empfangene Gute wird so schnell vergessen, die Wohltat, kaum empfangen, wird schon betrachtet als längst besessenes, selbstverständliches Recht, die Kränkung vergisst man nicht. So erregte der Kaiser Missstimmung auf verschiedenen oder allen Seiten. Selbst sein Wohltun war ein Herrschen, weniger ein Regieren und so tat es nicht wohl. Wohin aber musste den Kaiser seine Herrscherart führen dort, wo er keine Macht besaß ... im Reich? wo er keine Untertanen hatte und keine Untertanenliebe und -Treue? Alle Welt hat in ihm ein aufgehendes Licht gesehen, nun aber sah die Welt das Licht für einen Kometen an, der pfadlos durch die Räume stürmt, Zusam- menstoß, Zerstörung dräuend. Übrigens auch der Komet hat von der Vorsehung seine Bahn vorgezeichnet! Josef ward bald im Ausland gefürchtet und bald auch nicht mehr. Das aufschimmernde Licht war nur ein Meteor, das verlöschend vom Himmel fiel; allerdings, der fallende Meteorstein richtet Verwüstung an, wo er sich seine Grube gräbt. Mit rücksichtsloser Energie hatte Josef II. 1782 den Barrièren-Vertrag gekün- digt, kraft dessen die Holländer im österreichischen Belgien eine Anzahl von Fes- tungen besetzt hielten angeblich zum Schutz gegen einen Angriff Frankreichs; auch durften die Belgier nicht auf der Schelde und den Kanälen frei in das Meer hinausfahren, die Holländer hielten die Mündung besetzt und damit den belgi- schen Handel gefesselt. Mit dieser Auflage war Belgien von der spanischen an die österreichische Linie des Hauses Habsburg gediehen. Josef ließ die Festungen schleifen, die Holländer räumten sie fügsam. Der Kaiser wollte auch die Ausfahrt in das Meer dem belgischen Handel eröffnen. 1784 lief ein Schiff unter österrei- chischer Flagge von Antwerpen aus, um ins Meer zu gelangen. Nach kaiserlichem Befehl achtete es nicht der holländischen Zollstätte und nicht des Anrufes sei- tens des holländischen Wachschiffes; nach dreimaligem Anruf gab dieses Feuer

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