Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

268 schärfster Bedrohung. Die mit Arbeiten überhäufte Buchhalterei hatte keine Inven- tare, hielt aber nun aller Orten Umfrage und kam so auch an Eybel. Dieser wunderte sich, warum nicht er um die Inventare angegangen worden, sondern die Buchhalte- rei, der doch die Inventierung nicht obgelegen sei; die Inventare der zwei (besonders benannten) Stifte seien schon an Hof eingesendet worden, die Abschriften davon würden eben in der Kanzlei gemacht, um ein Exemplar der Buchhalterei, eines der Registratur zuzustellen. Noch am 21. Juni 1785 überreichte die Buchhalterei die In- ventare der beiden Stifte ans der Kanzlei an das Präsidium. Die übrigen Inventare im Erforderungsfall zu überreichen will Eybel sich angelegen sein lassen. Bernhard Grüner, Exprior von Baumgartenberg, erklärte unter dem 28. Juli 1785, dass im Inventar nichts ausgelassen worden, Herr Regierungsrat Eybel bei der Auf- hebung sehr rechtschaffen, moderiert, gerecht und liebreich fürgegangen sei. In ähnlicher Weise hatte sich der Exprälat von Gleink unter dem 14. Juli geäußert: Eybel sei mit aller Rechtschaffenheit und Bescheidenheit vorgegangen, im Inventar sei nichts ausgelassen worden bis auf die Kirchensachen, von welchen keine Erwäh- nung geschehe. Auch von den anderen Klöstern wurden die Inventare nach und nach eingesen- det. Eybel pflegte in Hinkunft sich sogleich nach Inventuraufnahme ein Wohlverhal- tungszeugnis von den Stiftsherren ausstellen zu lassen. Wegen seiner wohlwollenden Art mit den schwer heimgesuchten Mönchen zu verkehren nannte man ihn spottweise „Herr Vater"; „unser Henker" sollte es heißen, schreibt ein Stiftschronist. 64. Umschau nach der allgemeinen Regierungstätigkeit Josefs II. Mit dem Ablauf des Jahres 1785 erscheint eine Cäsur in der Klosterarbeit des Kaisers, nicht als ob seine und der untergeordneten Kanzleien Tätigkeit stillgestan- den wäre, aber die großen fundamentalen Arbeiten waren geschehen, der Kaiser hatte seine erste Epoche der Klostergesetzgebung hinter sich. Benützen wir diesen Abschnitt in der Geschichte zu einem kleinen Exkurs, nicht um von der Klosterge- schichte abzuschweifen, sondern um sie zu ergänzen: das Kleine wird nicht voll ge- würdigt, wenn es nicht betrachtet wird im großen Ganzen. Nur zu leicht würde der Leser sonst den Kaiser sich vorstellen wie einen Konsistorialkanzler und nur mit den Klosterwirtschaften beschäftigt; nur zu leicht würde die Stimmung, der Geist im Volk und damit die eigentliche Geschichte der Zeit unrichtig gedacht werden, wenn nicht auf die Detailgeschichte doch einige Lichter aus der allgemeinen Geschichte gewor- fen würden. Welche Empfindungen, welche Geistesbewegungen im Volk herrschen mochten bei all den geistlichen Reformen Josefs II., wie die einen sich glücklich priesen um seinetwillen und die andern sich verletzt fühlten durch ihn, das kann aus dem Dargestellten geschlossen werden! Aber das Urteil darf damit nicht abgeschlos- sen sein, denn Josef tat mehr. Er hatte auch anderes zu tun als Kirchenfürst zu sein nach seiner Art. Ein neues Zensurgesetz hatte im Jahr 1781 die Pressefreiheit eingeleitet; und

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