Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

264 nachforschenden weisen Tifon, wie ein verständig und redlich denkender Danisch- mende alleruntertänigst zu Füßen zu legen. (Motto:) Ein Untergebener, der einen Vor- gesetzten nicht angibt, handelt gegen seine Pflicht, die er seinem Landesfürsten und allen seinen Mitbürgern schuldig ist. Josefs Handbillett N. 4to." Unter dem 29. Mai gab der Kaiser die Denunziation an die Landesstelle herab zur Untersuchung und um gutächtlichen Bericht. Bei der Untersuchungskommission unter Eybels Leitung be- kannte sich P. Graser als Denunzianten; einvernommen wurde auch der Pfleger Krako- witzer, dann sämtliche Stiftsgeistliche und der Prälat. Das Protokoll über ihre Aussagen wurde geschlossen am 31. Juli 1784. Die Anklage und ihr entsprechend der Bericht über das Ergebnis der Untersuchung bezog sich auf 10 Punkte: 1.) Das Generalverbot vom Jahr 1755, die Leichen nicht vor 48 Stunden zu beerdigen, wird im ganzen Land nicht befolgt; der Denunziant selbst ge- stand es nicht befolgen zu können aus Furcht vor Aufruhr seines Volkes. 2.) Seit 120 Jahren stellte Kremsmünster einen Beichtvater in das Benediktinerinnenstift Niedern- burg zu Passau; er war zugleich Agent des Stiftes Kremsmünster. Auch derzeit befindet sich ein solcher dort, bezieht Deputate aus Kremsmünster: Wein, Kleidung und 20 fl. Vakanzgeld; das alles geht außer Land, aber auch 20 Eimer Wein, der den Klosterfrauen gespendet wird. 3.) Die angezeigten Kanzleiunordnungen, Untertansbedrängungen, Taxerhöhungen zuWeißenberg, Scharnstein und Leonstein fallen unter die Kremsmüns- terischen Untertansbedrückungen überhaupt, deren Untersuchung dem Kreishaupt- mann des Hausruckviertels Freiherrn v. Pilati aufgetragen worden ist. 4.) Der Abt lässt durch den P. Rentmeister alles Geld zusammenraffen, das nur jemand anzulegen Lust zeigt; der P. Rentmeister Berthold nimmt es selbst (für das Stift) auf; dadurch können Private Gefahr laufen mit ihren Forderungen an ihn seinerzeit abgewiesen zu werden und ex defectu consensus Abbatis et Capituli ihr Vermögen zu verlieren... Der Denunzi- ant wirft dem Abt „Großtun" vor, besonders die „Stütterei zu Bierbach", die aber schon aufgelassen war, wobei „der eigensinnige Mann gewiss 80.000 fl. verspielte". Dass der Abt Sammelgelder zum Ankauf von Pferden verwendete, konnte nicht erwiesen wer- den. P. Berthold behebt die Zinsen von den Kirchenkapitalien, behält aber davon einen Teil als Notpfennig des Stiftes zurück. Der Rentmeister entschuldigte sich damit, dass die Verrechnung und Rückzahlung bevorstehe. 5.) Unrichtigkeiten in den Pupillengel- dern gehören auch zur allgemeinen Untersuchung durch Pilati. 6.) Dem Papst sollen auf seiner Rückreise in Lambach 20.000 fl. durch die obderennsischen Prälaten geschenkt worden sein; der Revisionshauptmann Wippler, der dem Denunzianten das bekannte Gerücht hierüber bestätigt haben sollte, erklärte nach Zuschrift des Generalkommandos (dd. 15. Dezember 1784) von einem solchen Geschenk nichts zu wissen und niemals gegen jemanden darüber sich geäußert zu haben; auch die Prälaten widersprachen es energisch. 7.) Der Anzeiger beschwert sich, dass ihm als Pfarrer nicht das Gebührende gegeben wird; er beklagt sich über die vom Kaiser selbst befohlene Stolordnung vom 20. Jänner 1783 und die nachfolgende Verordnung der Landesstelle; er rühmt sich sei- ner Talente und Arbeitsamkeit, seiner Konduite, des Zeugnisses seiner Pfarrgemeinde, wornach er ein Pfarrer ist, wie sie keinen hatte und keinen mehr bekommen wird; er beruft sich auf die Anerkennung seitens des Priors, wonach P. Rudolf das Muster aller Seelsorger ist; nur dem Abt und seinem Anhang ist er verhasst, vorzüglich seitdem er

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