Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

246 zum feierlichen Gottesdienst, sechs anderer größerer Leuchter und eines Kruzifixes auf den Altar. Die Regierung bezeichnete den Hochaltar in der gesperrten Xaverikapelle als geeignet für die Speiskapelle in der St. Matthias-Pfarrkirche; der Mariazeller Muttergottesaltar wurde aus dem Nordikum herübergebracht. Treml verlangte auch 4 neue schwarze Rahmen mit vergoldeter Bildhauerarbeit zur Einfassung der in der Kirche vorfindigen gut gemalten Passi- onsbilder. Alle anderen Bilder sollten hinausgeschafft werden. Es wurde Sakristei- und Kirchenwäsche angeschafft und aus dem aufgehobenen Kapuzi- nerkloster zu Steyr herübergebracht; die Orgel wurde —wie schon erwähnt — aus der Mi- noritenkirche übersetzt und provisorisch im Kapuzinerchor aufgestellt. Musikalien und In- strumente hatte sich Treml erbeten aus dem aufgehobenen Baumgartenberg; er bekam sie aber aus demaufgehobenen Seminar in Linz. Marmorplatten zur Bedeckung des Kirchenfuß- bodens und andere Einrichtungsstücke kamen aus der Exkarmeliterinnenkirche hinüber. Es war beantragt aus den bei den Ursulinerinnen erbauten schönen Türmen bei Sankt Matthias einen Turmzu errichten; es kamdazu nicht. ImFrühjahr 1787 erhielt die Kirche ihre Turmuhr. (Über die Glocken S. 159.) Da aber die Kirche nicht bloß Pfarr-, sondern auch Klosterkirche des noch immer fortbe- stehenden Kapuzinerkonventes war, so bestanden an ihr auch noch immer die Stiftungen für die Kapuziner fort. Wegen der Starhembergischen Jahrtage geriet die Landesregierung in einen Rechtshan- del, der, in verschiedener Hinsicht charakteristisch, besonderes Interesse erregt durch die diktatorische Erklärung der Regierung, gegen eine von ihr in Sachen getroffene Verfügung könne das Gericht nicht angerufen werden. Heinrich Graf von Starhemberg hatte im Testament vom 1. Juni 1764 alle seine Nachfol- ger verbunden an seinem Todestag 12 hl. Messen bei den Kapuzinern lesen zu lassen. Die GräfinMaria Anna Starhemberg legierte vermöge Kodizilles vom5. Oktober 1745 ein auf der Herrschaft Wildberg liegendes Kapital per 500 fl. zu 3% zu einemewigen Jahrtagmit 10Mes- sen dergestalt, dass die gräfl. Starhembergische Herrschaft Wildberg „schwerlich" verpflich- tet sein sollte, dass bei allen eräußernden Umständen den Kapuzinern niemals etwas entzo- gen, sondern ohne allen Aufenthalt ambestimmten Tag dieses Almosen per 15 fl. richtig von dem Pfleger bei der Pforte abgelegt werde. Am 1. Jänner 1786 hatten die Kapuziner 12 Messen gelesen. Die Starhembergische Vor- mundschaft wollte die Jahrtage überhaupt nicht mehr halten lassen, die Abhaltung stünde in der Willkür der Herrschaft. Der Kapuziner-Guardian bat demnach, da die 21 fl. in ihre Be- deckung eingerechnet waren, um Vergütung dieses Entganges. Die Landesregierung erließ einen Auftrag an die Starhembergische Vormundschaft dd. 3. März 1786 binnen 8 Tagen die 6 fl. für gelesene Messen zu bezahlen, einen Stiftbrief dar- über zu entwerfen und binnen 14 Tagen bei der Landesstelle zu überreichen. Darauf entgegnete der Vormund JosefWeikhart Graf undHerr Engl von und zuWagrain: Was die Bezahlung der 6 fl. betreffe, somüsse ermit Beibehaltung der schuldigst gehorsams- ten Ehrfurcht gegen die hohe Stelle bemerken, dass diese hohe Stelle gar kein Gerichtsstand sei, welcher in derlei Fällen eine Zahlungsauflage veranlassen könne. Der Frau Gräfin Maria Anna Starhemberg sei in ihrem Testament von einem Jahrtag schon gar nichts eingefallen und in betreff des vom Grafen Heinrich gestiftet sein sollenden Jahrtages finde sich in den Vormundschaftsrechnungen von 1765—1776 keine Silbe. Nur das sei aufzufinden, dass

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2