Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

189 auch das Kloster, allerdings bis nach geendetem Krieg, für das Kriminalgebäude vorbehalten (Juni 1790). Der Magistrat bot für Kloster, Kirche und Garten 2550 fl., 50 fl. über den Schät- zungswert, und wollte die Gebäude zu Kasernen verwenden. Die Genehmigung hierüber und über den Verkauf der Exminoriten-Gülten, ge- schätzt auf 18.151 fl. 45 kr., um 20.442 fl. 30 kr. an Leopold Anton Graf von Firmian als Meistbietenden erfolgte dd. Wien 21. März 1794. Der Graf von Polheim hatte unter den Exminoriten-Realitäten einige Lehen und verlangte für den Konsens zur Veräußerung 5% vom Kaufschilling an seine Lehens- stube. Die Staatsgüteradministration schlug vor ihn mit 5 oder 6 Dukaten abzufer- tigen; das erwähnte Hofdekret fand eine solch willkürliche Bestimmung unzulässig und befahl der Regierung sich mit dem Grafen im Bergleichsweg abzufinden. Solange die Kriegszeiten dauerten, blieben die beiden Exminoritenklöster Kasernen. Später wurde das zu Enns als Theater benützt, dann vom Ärar in Pacht genom- men zu einem Militär-Erziehungsinstitut. Nach mannigfacher Verwendung (auch eine Tanzschule war zeitweise darin etabliert) wurde es 1859 Franziskanern der nordtirolischen Provinz übergeben; sie erkauften es von der Stadtgemeinde um 10.000 fl. Wiederum war das einzige Heiligtum der Mönche die Antonikapelle; an der Stadtpfarre versahen sie Kooperatorendienste. 1892 begannen die Franziskaner sich eine schöne romanische Kirche zu bauen, anstoßend an den Kreuzgang, paral- lel zu diesem. Zum Langhaus der Kirche wurden die Bibliotheksräume und der „große Saal" des ehemaligen Minoritenklosters verwendet. 1893 war die Kirche, geweiht dem hl. Josef, vollendet. Die Exminoritenkirche in Wels wurde als Magazin verwendet, als Depot für Feuerlöschrequisiten, ein Teil als Turnhalle. Das Presbyterium samt dem Kloster- gebäude und den dazu gehörigen Gründen (Gärten) kaufte das Ärar von der Stadt- gemeinde Wels um 8500 fl. (Justiz-Minist.-Erlass 26. Jänner 1870) zur Unterbrin- gung der Staatsanwaltschaft, der Fronfeste und des Bezirksgerichtes . 37 In den hiezu gepflogenen Verhandlungen (seit 1868) wird das ehemalige Kloster stets „Minoritenkaserne" genannt, obwohl es längst nicht mehr als solche benützt war. In dem angekauften Teil der ehemaligen Kirche richtete man durch Einfügung eines Fußbodens in Stockwerkshöhe einen Schwurgerichtssaal zu, der durch die Ver- änderung in den Raumverhältnissen ganz unakustisch ausfiel. Die „Sigwardskapelle" war als Gefängniskapelle in Aussicht genommen, aber nie dazu hergerichtet worden. Bei außerordentlichen Feierlichkeiten, aber nur sehr selten, wurde (unter dem ge- genwärtigen Kreisgerichtspräsidenten Höß) ein (Fronleichnams-) Altar im Schwurge- richtssaal aufgestellt und den Gefangenen in Anwesenheit der Beamten eine hl. 37 Das Kreisgericht mit der Staatsanwaltschaft war im städtischen Rathaus, die Fronfeste und einige Bureaus im Schloss Polheim eingemietet, und zwar nach Vertrag vom 3. April 1854 um 1155 fl., das Bezirksgericht im 2. Stock des Kremsmünsterer Stiftshauses um 210 fl.

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