Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

130 nach Wien zu senden. Am 8. August wurden sie vom Kaiser in Audienz empfangen. Der Kaiser war sehr gnädig. Durch Dekret der Landesregierung vom 12. September wurde dem Stift das kai- serliche Reskript vom 3. September mitgeteilt, dass über die beiden Gesuche der Kremsmünsterer Geistlichen und Bürger Bericht abgefordert und verordnet worden sei, dass bis dahin die Schulen in Kremsmünster und die adelige Akademie in allen ihren Teilen sollen fortgeführt werden. Die Schülerzahl nahm jedoch sehr ab. Dazu trug auch viel bei, dass die Einhebung eines Schulgeldes anbefohlen wurde. 23 35. Tumultuanten. ImMärz 1783 wurde eine Untersuchung der Klosterkerker durch staatliche Kommissäre angeordnet; etwa vorhandene sollten sogleich abgeschafft, die versperrten Geistlichen be- sorgt, dergleichen Orte zu Holzgewölben oder anderen notwendigen Behältnissen zugerich- tet, die doppelten Türen und harten Verschließungen weggenommen und überhaupt alles auf die Seite geräumt werden, was derartige Orte zum ferneren Gebrauch für Gefängnisse geeignet machen könnte. Und um den Oberen keine Gelegenheit mehr zu lassen, dass sie aus bloßem Verfolgungsgeist ihre Mitbrüder unter dem Vorwand der Wahnwitzigkeit auf mehrere Jahre in den Klöstern einsperren, sollte ein jeder wahnwitzige Geistliche an die nächstgelegenen Barmherzigen Brüder abgegeben und dafür der Unterhaltsbeitrag gezahlt werden. Eine arge Last hatte die bayrische Kapuzinerprovinz an einem geisteskranken P. Lon- ginus zu tragen. Er wurde im Kloster zu Schärding, dann zu München, endlich zu Braunau verwahrt gehalten. Seine Wahnvorstellung war, er entstamme einer regierenden Familie. Aus dem Braunauer Kloster gelang es ihm zweimal auszubrechen, wobei er sich das eine Mal so bedrohlich und gewalttätig gebärdete, dass (bayrisches) Militär zu Hilfe gerufen wurde. Als das Braunauer Kloster unter österreichische Herrschaft gekommen war, versäumten die Oberen nicht, der kaiserlichen Verordnung über Klosterkerker und Verwahrungszellen nachzuleben; und eilfertig kamen sie auch demneuerlichen Erlass (1783) nach. Der Provinzial ordnete sofort die Umgestaltung der Verwahrungszelle in ein anderes Behältnis und die Überbringung des P. Longinus zu den Barmherzigen Brüdern an, der Geisteskranke wurde inzwischen in eine andere Zelle gebracht (wo er allerdings durch Pfeifen und Singen die Nachtruhe seiner Mitbrüder störte), er wurde auch öfters zum gemeinsamen Tisch zugelas- sen. Doch kamüber das Kapuzinerkloster eine kreisämtliche Untersuchung de praeterito. Die Anhaltung des P. Longinus wurde als eine harte, lieblose gebrandmarkt und, worauf es eben 23 Ein Schulgeld gab es bis dorthin in Kremsmünster nicht. Vielmehr wurden die Studenten und Stu- dentlein (abgesehen von der reichen Unterstützung der armen) regelmäßig öfters im Jahr beschenkt: jeder erhielt für die Präsenz beim feierlichen Gottesdienst am Sonntag 1 kr., zu Lichtmess Kerzen, zu Ostern Eier etc. ... zum Stiftertag Brot und Fleisch, das „Gspendt". Am Vortag um 2 Uhr verteilte es der Präfekt, mit violetter Stola bekleidet, den Studenten vor allen andern. Dafür sollten sie auch sittsam sich verhalten, nicht am „Spendtag" mit Schnee werfen oder gar wie anderemutwillige Buben auf den Köpfen der Leute herumgehen! (Siehe S. 37.)

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