Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

120 An Kremsmünster wird es insbesondere mit Missfallen bemerkt, dass weder En- zyklopädie der Theologie, noch griechische Sprache, noch Pastorat gelehrt werden und dass kein Vorlesebuch, dessen man sich bedient, angezeigt ist; auch dass die vorgeschriebene Ordnung, nach welcher die theologischen Wissenschaften frequen- tiert werden sollen, von mehreren nicht beobachtet wird: ein Professgeistlicher in Kremsmünster hat Kirchengeschichte, hebräische Sprache, Hermeneutik und Mo- raltheologie, Freiherr von Stiebar gar Kirchengeschichte, Hermeneutik, Patrologie, den ersten Teil der Dogmatik und das Kirchenrecht in einem Jahr und zwar mit Er- haltung der 1. Klasse aus allen Materien gehört. Der Moralprofessor bemerkt, er habe, weil unter seinen Schülern kein merklicher Unterschied gewesen, allen ein und dieselbe Klasse gegeben, sagt aber nicht welche! Auch fällt auf, dass außer den Reli- giösen niemand die Moraltheologie hört. Es folgten Aufträge zur Überwachung etc. etc. Zu Beginn des Jahres 1782 hatte der Kaiser Auftrag gegeben, die Klostergeistli- chen alle hinsichtlich ihrer Befähigung zur Seelsorge zu prüfen. Wie auch die Exjesu- iten herangezogen wurden, ist bereits erwähnt worden. Die Prüfungen wurden wohl vorgenommen, aber die Regierung erhielt keine Verständigung von dem Erfolg; sie bat daher dd. 2. Dezember 1782 das Ordinariat um Auskunftstabellen. Übrigens war es der Regierung bekannt, dass viele Ordensgeistliche sich der Prüfung entzogen, um ihren Ordensoberen nicht zu missfallen. Daher verlangt die Regierung auch, dass für die nicht geprüften oder nicht tauglich befundenen ein neuer Termin angesetzt und die wirklich untauglich befundenen nach dem Willen des Kaisers in andere Klöster versetzt werden. (Vgl. S. 124.) Aber auch die finanzielle Seite der Pfarrregulierung wurde in ernste Behandlung genommen. Die Kostenfrage tauchte umso drängender auf, als bereits der Kardinal nach acht von Heinke vorgelegten Punkten ein neues Elaborat zur Pfarrregulierung hatte herstellen lassen. Im März 1782 schlug die Landesregierung vor, die Bede- ckungskosten zu suchen von den wohlbemittelten Klöstern, zu welchen die Kurat- benefizien entweder aus dem Titel der Ortsobrigkeit oder des Patronates in Bezie- hung stünden, oder auch vom Ordinariat und endlich von einigen Stiftungen. Unter dem 11. März 1782 wurde der Landeshauptmannschaft vom Kaiser befoh- len, bei allen jenen Stiften und Klöstern, die sich in misslichen Vermögensumständen befänden, die wahre Lage auf das schleunigste zu erheben und gutächtlich Anzeige zu erstatten. Fatierungen waren ohnedies ununterbrochen in Anordnung und im Zug. Unter dem 5. Juli 1782 wurde eine eigene Lokalkommission mit Herrn v. Dornfeld an der Spitze gebildet und die Vertreter sämtlicher Stifte und Klöster vorgeladen auf den 17., 18., 19., 20. Juli. Bei den einlangenden Fassionen findet es die Regierung sehr auffallend, dass kein Stift als reich oder als arm erscheinen will und dass jene Stifte, deren Aktivum gering ist, einen jährlich größeren Kassenrest ausweisen als jene, deren Vermögen sich auf ein ungleich höheres Quantum belauft. Nirgends war das Vermögen der exponierten Pfarrer, welches ja seinerzeit auch den Stiften zufällt, eingerechnet worden, über die bei Privaten anliegenden Kapitalien kann man gar

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