Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

116 1728 ergangenen päpstlichen Bulle in horis canonicis gebetet werden sollten, in den Erblanden nicht anders als nach der festgesetzten Korrektur rezitiert werden dürf- ten. Dem Landeshauptmann wurde befohlen, durch einen bei Passau unweit entle- genen Beamten an den passauischen obderennsischen Offizial die mündliche Requi- sition tun zu lassen, dass er selbe auf andere Weise zu beten gar nicht gestatte (Wien 5. November 1729). Beauftragt wurde damit der Oberpfleger zu Riedau. Er traf aber den Offizial nicht und wurde für den nächsten Tag zum Kanzleidirektor Steyrer be- stellt. Dieser trug die „sondertbarliche Sach" gleich zur hochfürstlichen Gnaden hin- auf. Der Fürstbischof ließ zurückmelden, dass er selbst schon die Vorsichtigkeit ge- braucht habe, diese lectiones bishero nicht in die Druckerei zu geben, wünschte auch, dass er fürohin von derlei weiteren Gesuchen überhoben bleiben könnte. 1774 wurde die Verpickung der „so irrigen als gefährlichen Lekzion (im Offizium des heiligen Gregor VII.) von der Gewalt des Pabstes Monarchen abzusetzen" befoh- len, 1782 der Befehl eingeschärft. Dem Chorherrenstift (Anm.: korr. Benediktiner) Lambach wurde vom Ordinariat Passau (1780) die vormals üblich gewesene commemoratio des heiligen Adalbero zum 6. Oktober wieder einzuführen gestattet. Dabei fand es das Ordinariat angezeigt die Klausel anzufügen: „wonebst wir uns von Eurer mehrfältig bewährten Vorsicht versprechen, dass alle Erinnerung der tempore Adalberonis inter sacerdotium et im- perium obgewalteten Zwistigkeiten sorgsam vermieden werde". Bei Durchgehung des Stift Reichersbergischen Directorii fand sich, dass in den 11. II. noct. ad fest. S. Bennonis solche Ausdrücke enthalten waren, welche den Un- tertanenpflichten ebensosehr widersprächen, als sie den landesherrlichen Gerecht- samen gefährlich wären. Über Anzeige mussten nach Hofdekret vom 16. September 1782 dieWorte exorto nimirum diro schismate bis interfuit et subscripsit ausgelöscht oder mit weißem Papier verpickt werden. Die Verfolgung staatsgefährlicher Brevierstellen setzt sich aber noch lang fort. Mit Konsistorialnote Linz 21. Mai 1787 wurde dem Chorherrenstift St. Florian mitge- teilt, Seine Majestät habe auf geschehene Anzeige entschlossen, dass drei anstößige Brevierstellen im proprio des Stiftes getilgt werden müssen: a) in festo S. Gregorii II. d. 13. Febr.: „Leonem III. imperatorem sacrarum imaginum sacrilegum hostem anathemate perculsit et ... vectigalibus privavit;“ b) in festo Zachariae d. 15. Mart.: „regnum a Childarico viro stupido et ignaro ad Pipinum pietate et fortitudine praes- tantem auctoritate apostolica transtulit“; c) in festo S. Gelasii d. 20. Nov.: „impera- tore excommunicato, eundem excommunicari posse probavit“. Auch noch in einer anderen bedenklichen Sache war es wiederum Reichersberg, das die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich zog: es wurde in Erfahrung gebracht, dass das Stift mit einer eigenen Druckerei versehen sei; solche dürfen aber bei einem Stift oder Kloster ohne landesfürstlichen Konsens und Privilegium keineswegs beste- hen, weil dadurch die steuerzahlenden bürgerlichen Buchdrucker in ihrer Gewerbs- ernährung beeinträchtigt werden; also hat sich der Propst zu erklären, ob solche Buchdruckerei noch unter kurbayrischer Regie mittelst landesfürstlichen Konsenses und Privilegiums auszuüben erlaubt worden sei (Linz 3. April 1781). Der Propst

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