Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

99 Kirchenschätze. Diese sollten unter der Hand vermöglichen Kirchen angetragen werden zum Ankauf oder Eintausch gegen minder kostbare für arme Pfarren und Lokalka- planeien. Schicksame Paramente oder vasa sacra, alles Silber, was auf diese Art nicht verkauft werden konnte, sollte in das Münzamt gegen Ersatz des inneren Wertes abge- liefert, Schmuck und Juwelen sicheren Juwelieren zur Veräußerung gegen eine mäßige Remuneration anvertraut, der Erlös einzig und allein zur Herbeischaffung sauberer und schicksamer Kirchenerfordernisse für arme Seelsorgestationen verwendet, mit der Ver- teilung jedoch zugewartet werden bis zur Zustandebringung des Pfarreinrichtungsge- schäftes. Was von Preziosen nicht angebracht werden konnte, musste der Hofkommis- sion angezeigt, die Edelsteine und Perlen ausgebrochen und wohl verwahrt eingesendet werden. Reliquien wurden an Geistliche, Gemeinden oder Kirchen ohne öffentliche Feil- bietung verabfolgt, die Fassung gegen Ersatz des Wertes. Verordnungen über Veräußerung der Grundstücke, Waldungen, Häuser, Schankge- rechtigkeiten u. dgl., Aufkündigung der bei Privaten anliegenden Kapitalien und Anle- gung in öffentlichen Fonden wurden erlassen und urgiert. Über Bibliotheken und Archive mussten Kataloge, Konsignationen verfasst werden; die Abfassung der Bücherkataloge durch ein taugliches geistliches Individuum wurde ge- stattet, dagegen wollte der Kaiser zur Untersuchung der Archive und zur Formierung der Konsignationen über die vorhandenen Dokumente und Instrumente keinen Klostergeistli- chen verwendet haben (Wien 4. Juni 1782). Die Kataloge mussten an Hof eingesendet werden. Die nicht für die Hofbibliothek beanspruchten Bücher undManuskripte gelehrten Faches waren an die Universitäts- oder Lyzealbibliothek der Provinz, in der das Kloster auf- gehoben war, zu geben; die in „das lokale Wirtschaftsfach einschlagenden Dokumente und Manuskripte" sollten den Ämtern, beziehungsweise der Kameraladministration aus- gefolgt werden, jene, welche sich auf Fundation und Dotation der aufgehobenen Klöster bezogen, wurden bei Hof zur Verwahrung genommen. Es war gestattet Duplikate bei den Bibliotheken zu veräußern zu Gunsten weiterer Anschaffungen. Modelle und physikalische Instrumente aus aufgehobenen Klöstern mussten an die bei Universitäten oder Lyzeen bestehenden Musea physica oder mathematica über- bracht werden (Wien 23. September 1782). Durch die nachfolgenden zahlreichen Klosteraufhebungen häuften sich die Bücher- massen. Das Linzer Depositorium im Exkarmelitinnenkloster wurde überfüllt. Hofdek- rete normierten immer wieder die Verwertung der Bücher; die Bibliothekare durften es bei allgemeiner Ankündigung der Auktion in den Zeitungen nicht bewenden lassen, son- dern mussten gedruckte Verzeichnisse der brauchbaren und also umsomehr der kost- baren und seltenen Werke herstellen und wenigstens zwei Monate vor der Lizitation zur Versendung bringen, damit in- und ausländischen Bücherfreunden und Liebhabern rechtzeitig Gelegenheit zum Kauf geboten werde (Wien 11. Jänner 1788). Die Ausscheidung der Bücher in Linz war dem Bibliothekar P. Wenzel Grurnich zu- gewiesen. Mit der Beschreibung, Leitung der Verpackungen, der Transportierung an die Abgabestellen etc. waren zwei Regierungskopisten beauftragt. Die Regierung fragte an (1787), ob nicht die Bücher in Wien verkauft und ob nicht ein Teil an die Priesterhausbibliothek abgegeben werden dürfte. In der Tat erhielt die

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