Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm
92 In der Sitzung vom 5. Juli 1782 wurde referiert über die Maßregeln, die zur Räu- mung des Klosters getroffen worden waren; der Auszug der Nonnen sollte in Gegen- wart des Kameralinspektors Stöger und des Verwalters Payerl vor sich gehen; diese hatten von der Priorin, Subpriorin, Sakristanin und Portnerin alles nach dem Inventar sich übergeben zu lassen. Die vasa sacra und Paramente waren in so großer Anzahl vorhanden und von so „sonderbaremWert", dass sie unmöglich — wie der erste An- trag war — in das hiezu bei weitem nicht genug geräumige k. k. Depositenamt un- tergebracht werden konnten; und da auch im k. k. Schloss alles bewohnt und ange- räumt war, so sollten die Sachen im Karmeliterinnenkloster selbst und zwar im ers- ten Stock in zwei mit eisernen Gittern und Fensterbalken versehenen Räumen auf- bewahrt und zur beständigen Aufsicht dem beizubehaltenden Klostergärtner ein an- stoßendes Zimmer angewiesen werden. Es wurde verordnet, dass die Kirche einstweilen gesperrt, Kirchen- und Kloster- schlüssel dem in der Wohnung verbleibenden Katzmeyr anvertraut, die Kirche aber inwendig und alle übrigen Behältnisse, worin sich Preziosen oder sonstige Vorräte an Wäsche und Einrichtungssachen befänden, von außen versiegelt und sogleich nach dem Abzug der Nonnen die Schätzung behufs anzustellender Lizitation vorgenom- men werde. Am 13. Juli 1782 zogen die Nonnen aus. Die kaiserliche Verordnung vom 12. Juli fand daher bereits ein leeres Haus: sie besagte, dass nach Ablauf der fünfmonatlichen Frist die Exnonnen das Haus zu ver- lassen hätten, auch wenn die angesuchte Dispens noch nicht eingelangt wäre. Nur denjenigen, welche ein weltliches Kostort noch nicht gefunden oder die Aufnahme in einen andern Orden noch nicht erlangt hätten, wird eine weitere 14-tägige Frist zugestanden, nach deren Ablauf sie unbedingt das Kloster verlassen und in Ermang- lung einer andern Unterkunft sich in das Versammlungshaus begeben müssten. Am 12. Juli in aller Frühe ließen die Ursulinerinnen zwei Chorfrauen und zwei Laienschwestern aus dem aufgehobenen Kloster überführen; am Nachmittag kam die dritte Laischwester. Auch die Exkarmeliterin Angela mussten auf Befehl Engls die Ursulinerinnen einige Tage beherbergen, bis sie die bischöfliche Erlaubnis erhielt nach Graz zu gehen. Nach einigen Tagen konnte sie (in weltlicher Kleidung) abreisen mit der Verpflichtung, die Ordensgelübde soweit als möglich zu halten. Am 15. August bekamen die Exkarmeliterinnen das Kleid der Ursulinerinnen; bis dorthin hatten sie ihren Habit getragen. Eine Chorfrau und zwei Laienschwestern be- hielten den früheren Ordensnamen, die andere Chorfrau und eine Laienschwester erhielten einen anderen Namen. Sie hatten kein eigentliches Noviziat zu machen, nahmen in der Gemeinde den Rang nach dem Professalter ein, erhielten aber von einer Ursulinerin als Novizenmeisterin Unterricht. Am 8. Oktober kam zu den Ursulinerinnen noch eine Dominikanerin vom aufge- hobenen Kloster Maria Thal in Tirol. Es ergingen immer wieder neue Verordnungen über die Pensionierung und Ent- lassung der Nonnen. Es sei nur eine hervorgehoben: Jeder Exnonne steht der Austritt
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