Hintergebirge - Beschreibung eines Kampfes

Stromparadies Österreich Im Jahre 1947 wurde die Elektrizitätswirtschaft ver staatlicht. Während große Staaten wie England, Italien oder Frankreich durch eine einzige große Gesellschaft mit Strom versorgt werden, entstanden im kleinen Österreich neben dem Verbundkonzern noch wei tere 9 Landesgesellschaften,8 Sondergesellschaf ten und eine weitere Zahl kleinerer Elektrizitätsun ternehmen. Alle diese Betriebe entwickelten im Laufe der Jahre ein Eigenleben, das der Journalist W. Simonitz in einer Serie im Kurier wie folgt beschreibt:(Teilwie dergabe) „Das Rheinisch-westfälische Elektrizitätswerk lie fert in Deutschland fast dreimal so viel Strom wie sämtliche österreichischen Kraftwerke. Regiert wird diese Firma von 9 Vorständen,20 Aufsichtsrä ten und 61 Verwaltungsräten. Österreichs Elektrizitätswirtschaft leistet sich 38 Vorstände und 301 Aufsichtsräte. Jede Gesellschaft hat ihre eigene Buchhaltung, Lohnverrechnung, Planungsstäbe, Sozialreferate usw. Es entstanden Doppelgleisigkeiten, die so weit gehen, daß „Hochspannungsleitungen parallel gebaut" wurden. Weil die Gesellschaften auch von Landespolitikern mitregiert werden, ist ein Privilegiendschungel gewachsen. Sie wurden überdies regionale „Melk kühe", weil sie etwa Skilifte mit Billigstrom und andere Einrichtungen sponsern müssen. Bundesweit ist der Einsatz der Kraftwerke nicht optimal abgestimmt. Landesgesellschaften fahren ihre Kraftwerke auch dann, wenn der Verbundkon zern Strom im Überfluß hat. Damit der Stromriese gezwungen ist,seine Preisezu senken. Umgekehrt stehen Landeskraftwerke still, der Ver bund muß dann teuer importieren. Eine direkte Folge der Klein-klein-Organisation ist auch das Ost-West-Preisgefälle. Haushalte zahlen in Wien um gut 50% mehr für die Kilowatt-Stunde als in Tirol und Vorarlberg.Die Industrie desOstens muß Strom sogar um 80% teurer kaufen, was ihr Konkurrenz- und Standortnachteile bringt. Eine einheitliche Strompolitik ist auch deshalb unmöglich, weil Gesellschaften wie die OKA, die NEWAG oderBEWAG ihreigenesSüppchen kochen und etwa mit Kreditaktionen neue Kunden für Stromheizungen keilen." Unter diesen Umständen Ist es schwer vor stellbar,daß es ein Konzept gibt oder über haupt geben könnte, das sich am Strom bedarf des ganzen Landes orientiert. Aus: BI gegen Atomgefahren,Inform.des Es wird längst nicht mehr gefragt, wieviel Strom Gesamt-Österreich braucht, sondern jedes Bundes land baut „seine" Kraftwerke und verkauft „seinen" Strom-auch ins Ausland. Dieses gute Geschäft mit dem Strom bringt es mit sich,daß die schönsten Wasserfälle und die letz ten Gebirgsbächlein dran glauben müssen! Im Widerspruch zu den immer wiederkehrenden For derungen nach Strompreiserhöhungen, die eine Not lage der Elektrizitätswirtschaft voraussetzen, ist die Finanzgebarung der Elektrizitätsgesellschaften eher ungewöhnlich. So erhalten etwa Direktoren im Durchschnitt2,4 Millio nen Schilling Jahresbezug. Die Gehälter und Löhne der rund 30.000 Beschäftigten liegen weit über dem Bundesdurchschnitt. Monatsgehälter werden nicht 14 mal,sondern 17-21 mal ausbezahlt. 2 „Ach, himmlisch - bei einer Strom- ^ gesellschaft arbeiten Sie? Wie schaffen Sie es da. In nur zwölf Monaten Ihre achtzehn Gehälter auszugeben?" Zusätzlich gibt es Sonderzahlungen, Bilanzgelder, Zulagen, regelmäßige Remunerationen, bedeutende Prämien,großzügige Einstufungen usw. Neben unzähligen Sozialleistungen werden Sport heime, Blaskapellen, Tennisplätze, Kegelbahnen, Schwimmbecken, Schießstätten und Eigenheime finanziert. Die Chefs bekommen jedes Jahr einen neuen Mercedes. Ausscheidende Vorstandsmitglieder erhalten bis zu 2,1 Millionen S„freiwillige Abfertigungen". Neben der normalen Pension erhalten ehemalige Mit arbeiter biszu80% ihres letzten Monatsbezugsals Fir menpension usw. Dieses Stromparadies wird von allen Österrei chern,einschließlich Kleinrentnern und Zulagen empfängern,über den Stromzähler finanziert. Eine Änderung dieser Verhältnisse wäre leicht zu erreichen, wenn sich die Parteien dazu entschließen könnten, anstelle der sündteuren Kleinbetriebe eine zentralistische Verwaltung in Form einer einzigen Elektriztätsgesellschaft für ganz Österreich zu beschließen. Obwohl der Rechnungshof die Mißstände schon seit Jahren kritisiert, konnten sich die Parteien zu keiner vernünftigen Lösung durchringen.Warum wohl? ZV, 9.Jg. Folge 2

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