Heimatland Nr. 52 - 1932

ster=Wenzels“ vor Augen führt, die diese Schlin¬ die unbeliebteste Figur von allen, weil sie unter Dan¬ gel mit der „Tramperlirtin", wie sie der boshafte kesworten das Ende des Spieles verkündet. Nazi statt „Traubenwirtin“ nennt, und mit dem Auf Grund aller bisherigen Forschungen müssen Bäckermeister treiben. wir mit Dr. Geramb sagen: Das Steyrer Krippen¬ Einen großen Aufwand von Figuren erfordert spiel ist keine Einzelerscheinung, sondern es geht un¬ der „Einzug der Heiligen Drei Könige zweideutig auf die schon im 14. Jahrhundert nach¬ aus dem Morgenland“ und auch die „Fronleich¬ weisbaren Marionetten=Krippenspiele zurück. Seine namsprozession", sowie der „Einzug des Einrichtung und szenische Belebung aber gründet auf Königs David mit der Bundeslade“. die in der Renaissance ausgekommenen reichlich aus¬ Unter den vielen Szenen mögen noch Erwähnung gestatteten Schaukrippen und auf die in der Barock¬ finden „Der alte Steyrer Schiffzug", der „Jonas und Rokokozeit hinzugetretenen Volksszenen. In seiner und der Walfisch", der „Hans von Wallisch¬ jetzigen Form ist das Steyrer Kripperl zweifellos ein land“, die „Bauernhochzeit", die „Wild¬ Kind des 18. Jahrhunderts, das zahlreiche Einzelzüge bratschützen", welche ein altes Wildschützenlied aus späterer Zeit hinzugefügt hat, in seinen Wurzeln zum besten geben, der „Herr Expreß, der von aber in viel frühere Zeiten zurückgreift. Sicher ist es, sich sagt, er habe einen baumwollenen Bauch und daß das Steyrer Kripperl eine Schöpfung verschie¬ einen silbernen Haarbeutel“, womit das dener Kultureinflüsse darstellt, wie schließlich der Alter dieser Figur gekennzeichnet ist und aus dessen Christbaum, das Volkslied und das Volksmärchen Kiste ein „leibhaftiger Geist“ einen durchreisenden auch. Aber wie diese hat es all das, was ihm seinen Berliner beschäftigt. besonderen Reiz verleiht, die bodenständige Orts¬ Das „Abtreiben von der Alm“ wird mit farbe, die deutsche Seele doch erst in der Heimat er¬ einem uralten Lied begleitet und wenn es draußen zu halten. Und wie die Krippe überhaupt ein Spiegel schneien beginnt, dann beginnt im Kripperl drinnen des Volkslebens in den einzelnen christlichen Ländern das lustige „Gasselfahren, das die Spieler ist, wie der Sizilianer, der Neapolitaner, der Römer, schwitzen macht, denn sie müssen hinter der Szene mit der Tiroler und der Bayer, der Rheinländer und der Windeseile hin= und herlaufen, um den Zuschauern Deutschböhme, wie sie alle sich selbst darstellen wollen eine große Anzahl wettfahrender Gasselschlitten vor¬ in ihren Krippen, so ist auch das Steyrer Kripperl, zutäuschen. Den besten Besuch weist aber das „Haus soweit auch seine Wurzeln zeitlich und räumlich aus¬ auf, wenn der fürchterlich wütende Krampus sein einander reichen mögen, doch der deutschen und der Unwesen treibt und nach bösen Buben fahndet. Er¬ österreichischen Volkskunde und Volkskunst dadurch von besonderem Wert, daß es ein so anmutiger Zau¬ wähnen wir noch die „Lotterie“, den „Baum¬ kraxler“ und den Bauer zu „Enzengaden", der berspiegel des Volkslebens in Alt=Steyr geworden ist. sich einen eingeschlagenen Zahn beim „Bader Möge es stets einsichtige Männer geben, die es „anfördern und sein naives Spiel auch unseren Kindes¬ nageln" lassen will, endlich den „Rauchfangkeh¬ kindern erhalten! rer", der bei der „Traubenwirtin“ das Geschirr zer¬ schlägt und dafür noch Bezahlung verlangt, „Kindstauf", den „Kohlbauernbuam mit seinem schönen alten Lied und endlich die „Mords¬ *) Dr. Georg Hager, Die Weihnachtskrippe, München, geschichte", so haben wir in der Fülle des naiven Gesellschaft für christliche Kunst 1902. Spieles ein wenig gewühlt. Am Schlusse des Spie¬ 2) Dr. Viktor Geramb und Direktor Viktor Zack, Das les erscheint der Herr „Direktor“, bei den Kindern Steyrer Kripperl, „Wiener Zeitschrift für Volkskunde“, 1919. Ohne Begrüstung an der Arbeit auf Kirchturmen! Links und rechts im Bilde Herr Spenglermeister Jgnaz Dunst aus Steyr, auf der Spitze der Türme 15 Kirchtürme und Kirchendächer, so zum Bei¬ spiel in Weichstetten, Steyr (Marienkirche), Christkindl bei Steyr, Sierning, Garsten, Hof¬ kirchen, Niederwaldkirchen, St. Peter am Wim¬ berg, St. Pankraz, Wolfern u. a. wurden von ihm bereits neu eingedeckt, umgedeckt oder aus¬ gebessert, und zwar stets ohne Begrüstung, was naturgemäß die Kosten bedeutend verringert. Offerte kostenlos und unverbindlich! 822

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2