Heimatland Nr. 52 - 1932

Ein Welser Bauernkriegsroman Die Bauernstadt von L. Nowak A4. Fortsetzung Ja, es wäre vielleicht recht gut, wenn die Vero¬ Veronika geht gern da hinaus zu ihrer Nandl. nika einen braven Stiefvater bekäme, das sah sie ein. Aufgenommen wird sie im Bolzer=Haus immer freund¬ Aber sie konnte sich noch nicht recht vorstellen, wie sie lich, so auch heute. Da sitzen sie dann in der großen, wieder mit einem anderen Mann leben sollte. schönen Wohnstube und nähen und sticken mit der hatte nur einmal geliebt in ihrem Leben, und zwar Frau Bolzerin oder sie spielen ein bisserl mit der ihren Gatten. Er war ein seltsamer Mensch gewesen, großen Docken und dem schwarzen Kater. weich, und mehr Freund als Beherrscher, nur Ge¬ Die Docken ist ein Meisterwerk ihrer Zeit und hat fährte, nicht Befehlshaber. Er war auch ein Jahr viel Geld gekostet. Sie ist fast zwei Ellen hoch, hat jünger gewesen als sie; die Tatkraft war bei ihr ge¬ einen dauerhaften Lederkörper, einen Kopf aus Holz wesen — aber sie hatten so gut zueinander gepaßt geschnitzt und macht ein Gesicht „wie eine Dam sie hatten so schön miteinander gelebt und er war in Wie eine Dame ziehen sie auch die Mädchen an. allem so ganz der Rechte für sie gewesen. Staatskleider hat sie in allen Farben und prächtige Sabina war sich über sich selbst nicht so recht im Schürzen, die man jetzt immer mehr auch zum Putz Klaren. Eben weil sie eine selbständige Natur war trägt. Es sind freilich manch kostbare alte Reste für war sie nicht ungern unverheiratet und so unum¬ diese kleinen Prunkgewänder verarbeitet worden schränkte Herrin in ihrem Haus. Es mußte erst ein Frau Bolzerin gehört zu den Sparsamen, Wirtschaft¬ drohendes Ereignis kommen, das sie wieder an die lichen — aber was macht einer Docke das! Das ver¬ Seite des Mannes trieb. steht sie gar nicht. Sie sieht doch sehr vornehm drein. Ihre Ruhe und ihr Nachsinnen über die Vergan¬ Heißen tut sie „Anna Veronika", wie die zwei Freun¬ genheit konnten übrigens nicht lange dauern. Die dinnen zusammen. rückwärtige Geschäftstür ging wieder auf und das Der „Kadl“ ist kohlrabenschwarz und hat gelbe Töchterl trat herein, das gegenwärtige und zukünf¬ Augen mit gefühlvollem Blick. Er ist noch jung und tige Leben. spielt noch manchmal setzt er sich ans Fenster und „Mutter, darf ich jetzt zu meiner Nandl gehen?" blinzelt in die Februarsonne hinaus und macht ein Die Stimme klang so ähnlich der zarten Rede des ver¬ richtiges Katzenspitzbubengesicht. storbenen Gatten und Vaters und die Mutter sagte An diesem Nachmittag kam auch der alte Herr mild und freundlich „ja". „Aber geh' recht sittsam Bolzer, Anna Dorotheas Großvater, wieder zu ihnen und eingezogen auf der Straße, besonders, wenn du hinaus. Er kam oft, der alte Herr. Er hatte sich zur den jungen See siehst“, fügte sie noch bei und dachte Ruhe gesetzt, lebte vergnügt in seiner Austragsstube dazu, daß das Kind ja ohnedies brav und tugend¬ in der Traungasse und besuchte seine Kinder in der haft sei, freilich auch schön. „Und erzähle ja nichts von Vorstadt. Er ging gern in den Gassen der Stadt dem jungen See! Nit einmal der Nandl! Hörst du! herum, auch auf einen Schluck Wein in die Gasthäuser „Ja. und erfuhr viele Neuigkeiten. Geredet wurde jetzt „Draußen in der schönen, weiten Welser Vorstadt überall genug. hat Heinrich Bolzer, der Vater der lustigen Anna Der alte Bolzer setzte sich in die warme Wohn¬ Dorothea, ein schönes Haus und darin ein Korn= und stube zu den Frauen; Veronika lief nicht davon vor Mehlgeschäft. Manche Bürger haben sich schon da ihm; sie stand sich gut mit ihm und er neckte sie gern. draußen angebaut. Es ist hier lichter und freier, frei¬ Er mochte sie leiden, hatte sie doch seine Enkelin da¬ lich, wenn ein Feind kommt, liegt die Vorstadt offen mals halb aus dem Wasser gezogen. „Alsdann, vor deinem Fenster gibt's eine Nacht¬ Aber hell ist sie und lustig. Das Bolzer=Haus hat musika, schöne Jungfer“, begann er jetzt, „bis zu uns einen großen Garten. Andere Häuser grenzen noch an in die Traungasse hat man's gehört. Wiesen und Felder. Die Luft ist hier gut, die Stuben Das Mädel lachte. sind voll Sonne. Manch einer der Vorstädter hat auch „Was, was?“ fragte jetzt die Frau Bolzerin inter¬ einen Stall und Kühe darin. Es ist ein angenehmes, essiert. Bis zum Vorstadtplatz hinaus war die Mär halb ländliches Leben. derweil noch nicht gedrungen und von selbst wollte sie Veronika auch nicht erzählen. „Ah, es war nit so arg“, wehrte sie, „die Haupt¬ Für Weihnachten! sach ist, daß sie ordentlich gespielt haben! Das haben Mit wenig Geld Freude machen! Dabei gut, praktisch und vornehm golla * * * * * * * * * * * * * * * * * * gette * * * * * * * * * „Na, alsdann! Sixt, gefreut hat's dich halt doch! Fleurette für Tanzkleider....... 160 und 190 Bemberg impr................ Von wem's wohl gewesen sein mag, das Standerl .. 1.20 Schafwollstoffe und Strickware aller Art, Cuchar-Schals, Selbstbinder Wer wohl der große, junge Herr war?" zu staunend billigen Preisen. Veronika schwieg. Die Mutter hatte ihr's aufge¬ Seidenhaus Witt, Linz, Mozartstraße 4, nur im Halbstock Filiale Wels, Bismarckstraße 8. tragen. Das Stillsein der Herzensfreundin gegenüber 826

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