50 wärts: „Kehret å’!“ (Laßt die Stämme ab, Siehe Beispiel 2). Erst wenn dieser Ruf die „Einkehr“ erreichte, wurde der Riegel weggehoben, und das erste Bloch sauste die Rinne hinab, verließ wie aus einer Kanone geschossen das Ende und tauchte unter einer großenWasserfontäne imSee unter – ein herrlicher Anblick! So ging es pausenlos fort, bis ein Stamm entweder aussprang, sich querstellte oder die Rinne beschädigte. Dann ertönte das Signal: „Håb auf, hå!“ (Haltet auf! Beispiel 3). Die Oberen antworteten: „Leit då!“ (Der Riegel liegt da! Beispiel 4), oder „Dås her i wohl!“ (Das höre ich wohl! Beispiel 5). Ist der Schaden behoben, geht es wieder weiter (Beispiel 1, dann 2). Stockt oben die „Einkehr“, schreien die „Halta“: „Lå’ na’ gehen!“ (Laß es nur gehen! Beispiel 6). Der oben antwortet: „Schau na’ zua!“ (Schau nur dazu, daß alles in Ordnung ist. Beispiel 7). Wenn Feierabend ist, schreit der Hüter oben: „Leit då!“ (Beispiel 4), und die anderen antworten: „Dås her i wohl!“ (Beispiel 5)9 (Abb. 5). Die Tätigkeiten an der Riese und beim sogenannten Triften gehörten zu den gefährlichsten und unfallintensivsten. Betritt man heute Triftanlagen – etwa jene in der steirischen Wörschachklamm oder die des Großen Baches im Hintergebirge – wird einem nach wie vor klar vor Augen geführt, welcher Drangsal die Arbeiter einst ausgeliefert waren. Um das allgegenwärtige Gefahrenpotenzial abzuwenden bzw. diesem entgegenzuwirken, praktizierten Holzknechte noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein vor allem ein Mittel: das Einhacken von drei Kreuzen in den Baumstumpf. Diese als „Drudenfuß“ bezeichneten Kreuze der Gössler Wirt Veit Seppl mitteilte.8 Überaus anschaulich schildert auch Hans Gielge in seinem Prachtwerk Klingende Berge Holzknechtrufe und ein sogenanntes „Riesn-Gschroa“. Die detaillierten Beschreibungen dazu konnte auch er von Holzknechten des Ausseerlandes – Krantütter Lois, Kreuz Hansl und Halter Karl – erfragen und aufzeichnen (Abb. 4). Besonderes Augenmerk verdient das „Riesn-Gschroa“, dessen Beschreibung hier vollständig angeführt werden soll: Unter der „Riesn“ („Riese“) versteht man eine lange, aus Baumstämmen gezimmerte Holzrinne, auf der das Holz (Bloche, Pleni) zu Tal geschafft wird. Im hohen Bergschlag wurde sie angelegt, führte oft kilometerweit über Gräben undMulden zu Tal und endete meist über einem See. Den Anfang der Riese nannte man „Einkehr“, das Ende „Riesnzipf“. Das Hinablassen hieß „Kehrn“ oder „Bischn“. Die Wächter hießen „Riesnhiata“ (Hüter). Sie wurden je nach dem Terrain in Rufweite aufgestellt, und ihre Aufgabe war es, darüber zu wachen, daß alles glatt vor sich ging, kein Bloch aussprang oder die Riese beschädigte. Der letzte „Hiater“ stand beim untersten Auslauf (Riesnzipf) und hatte die wichtigste Funktion. Führte die Riese über einen Weg, so wurde dort der „Bedl-Hiat“ aufgestellt. Es gab zu dieser Zeit noch keine Touristen, sondern nur Bettler, die den Bergsteig allenfalls heraufkommen konnten. Waren alle „Hiata“ auf ihren Plätzen, so wurde der erste Stamm in die Rinne gehoben, dieser aber noch durch den „Riegl“, einen Querbalken, am Hinabrutschen gehindert. Nun gab der oberste „Schreier“ langgezogen und überlaut nach unten das erste Signal: „Floih aus hå!“ (Fliehe aus der Rinne!), das alle bis zum Ende weitergaben. (Siehe Beispiel 1 [= Abb. 5. Anm. des Verfassers], der Endton gleitet sirenenförmig abwärts). War beim Riesen-Ende alles in Ordnung, rief dort der Schreier berg8 Konrad Mautner: Alte Lieder und Weisen aus dem steyermärkischen Salzkammergut. Wien [1910], S. 312, 313. 9 Hans Gielge: Klingende Berge. O. O. o. J., Nr. 21 und 22.
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