OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

140 sich geborgen fühlt. Sie war zum Studieren in den USA, wohin nach dem „Anschluss“ im Jahr 1938 der Dichter Ernst Waldinger (geb. 1896 inWien, gest. 1970 in New York),35 Kriegsfreiwilliger des Ersten Weltkrieges, 1917 schwer verwundet heimgekehrt, ins Exil gegangen war. Dort sehnt er sich nach den „Narzisund seelisch gleichartiger Lebewesen. Diese Erhaltung selber umfasst den rassenmäßigen Bestand und gestattet dadurch die freie Entfaltung aller in dieser Rasse schlummernden Kräfte. Staaten, die nicht diesem Zwecke dienen, sind Fehlerscheinungen, ja Missgeburten …“. Mit diesen Sätzen fordert Adolf Hitler30 den „rassereinen Arierstaat“ und nimmt – nach der Machtergreifung – damit vor allem den jüdischen Mitbürgern ihre bisherige Heimat weg. Es wird eine neue Ungleichheit hergestellt, sie setzt sich nach Kriegsende in der Vertreibung von Millionen Deutschen aus ihrer angestammten Heimat fort. Nach demgroßen Krieg Die Wunden des 2. Weltkrieges sind am Verheilen, die Vertriebenen haben eine neue Heimat gefunden.31 Die Eingliederung von Millionen Menschen hat Gertrud Fussenegger32 zu Recht „als überzeugendes Friedenswerk“ beurteilt. Die Gleichheit aller Staatsbürger vor demGesetz33 befindet sich im Sozialstaat von heute, auch wenn er an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gestoßen ist, auf hohem Niveau. Nach 1945 ist sogar eine österreichische Staatsgesinnung entstanden, die nach Jahrzehnten ohne äußere Gefährdung naturgemäß zurückgeht, nicht aber die Liebe zur Heimat, sei sie alte oder neue Heimat, die mit den Jahren eher zunimmt. Der Mensch lebt ja nicht im Ortlosen. Eine weltgewandte Journalistin34 hält nach wie vor an einem kleinen überschaubaren Bereich fest, in dem man 30 „Mein Kampf“, Bd. 2, Kap. 2, wiedergegeben in Schätzel, Der Staat (vgl. FN 27), S. 465 ff. Dort auch Auszüge aus Schriften von Lenin, von dem Churchill schrieb, in Bezug auf Lebensvernichtung von Männern und Frauen könne es kein asiatischer Eroberer, kein Tamerlan oder Dschingis Khan, mit seinem ‚Ruhme‘ aufnehmen. Zu Stalin s. dort S. 441 ff. 31 „Flüchtlinge geben Oberösterreich Impulse“ (Josef Lehner in OÖN, 14. Juli 2010, S. 3), bezogen auf die Wirtschaft. Der Sudetendeutsche Harry Slapnicka wurde Oberösterreichs „Landeshistoriker“. 32 Verlust und Rückgewinn… (FN 24), S. 25. 33 Die naturhafte Ungleichheit der Menschen, vor allem was geistige Leistungskraft betrifft, ist durch Gesetze nicht beeinflussbar, doch kann beim Zugang zu höheren Schulen u. dgl. Chancengleichheit gefördert werden. Zu Werden und Bedeutung des Gleichheitsgrundsatzes umfassend: Magdalena Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, Bd. 147 der Reihe „Forschungen aus Staat und Recht“ (2008), 956(!) Seiten; für Deutschland: Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz I, Art. 3 Rdnr 1 ff. (= S. 286–445); Sachs, in: Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/2, §§ 120–122 (= S. 1444– 1845), jeweils C. H. Beck, München 2010 bzw. 2011. 34 Verena Schmitt-Roschmann in dem in FN 18 angeführten Interview. 35 Eine Auswahl aus Waldingers Werk ist mit einer Einleitung von Ernst Schönwiese 1961 in der Stiasny-Bücherei in der Reihe „Das Österreichische Wort“ unter dem Titel „Gesang vor dem Abgrund“ erschienen. 30 Jahre später hat KarlMarkus Gauß ausgewählte Gedichte und Essays Waldingers herausgegeben und ein Nachwort verfasst. Bei A. Schmidt (FN 3) ist der Dichter im Bd. 2, S. 168–170, behandelt.

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