OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

134 und anderem mehr, was man von einem bundesstaatlich gegliederten Sozialstaat erwarten kann. Werden diese Bedürfnisse befriedigt, blühen auch die Facetten von Kultur, Wissenschaft und Kunst. Noch immer gilt die lateinische Sentenz: primum vivere, deinde philosophari, also: bekommen können, was lebensnotwendig ist, dann erst werden die kulturellen Bedürfnisse befriedigt. Das Land Oberösterreich bemüht sich seit jeher um die Förderung kultureller Verbände, des kulturellen Erbes und der Volkskultur, um zeitgemäße Heimatpflege, um das vorbildliche Musikschulwesen, unterhält Landesmuseen und Theater; vornehmlich in den Volksschulen wird das Heimatgefühl geweckt. Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen. Hervorzuheben sind noch die Landesausstellungen. Eine kleine Nachlese zur Landesausstellung 2010 Diese fand zum Thema „Renaissance und Reformation“ auf Schloss Parz in Grieskirchen statt. Sie wurde durch regionale Projekte flankiert, u. a. durch den Themenweg imnahenWallern, wo heute noch rund 1/5 der Bevölkerung evangelisch ist. Dabei wird die Entscheidung zwischen Auswandern oder „katholisch werden“ im Zuge der Gegenreformation sichtbar gemacht, eines der zahllosen Beispiele dafür, wie Konfessionsfragen hoch gehalten. Jede der drei Strophen der Landeshymne beschwört an ihrem Anfang das „Ländle, mein teures Heimatland“. Dagegen wird in der burgenländischen Landeshymne die Verbundenheit mit Österreich hervorgehoben. Ein Symbol haben aber die Länder seit 1945 nicht mehr. Sah Art. 6 B-VG ursprünglich vor, dass für jedes Land eine Landesbürgerschaft besteht und dass deren Voraussetzung das Heimatrecht in einer Gemeinde des Landes war und – vor allem – dass mit der Landesbürgerschaft erst die Bundesbürgerschaft erworben wird, so besteht seit 1945 nur noch eine einheitliche Staatsbürgerschaft. Zwar spricht Art. 6 Abs. 2 B-VG davon, dass jene Staatsbürger, die in einem Land den Hauptwohnsitz haben, dessen Landesbürger sind, doch hat die Landesbürgerschaft keinen selbstständigen staatsbürgerschaftsrechtlichen Gehalt, sondern umschreibt nur noch den Personenkreis, der – so u. a. der aus Ried i. I. stammende Staatsrechtler Theo Öhlinger12– an der politischen Willensbildung im Land mitzuwirken berechtigt ist. Dieser Verlust mag zwar Verfassungsrechtler, die um die Stärkung des Ranges der Bundesländer bemüht sind, betrüben, der Verbundenheit der Oberösterreicher mit ihrem Land tut er keinen Abbruch. Diese stammt aus anderen Quellen: Einem ausgewogenen sozialen Klima, dem Vorhandensein von Arbeitsplätzen, wobei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit höchster Stellenwert zukommt, einem funktionierenden Gesundheitssystem, der Gewährleistung von Pflegeleistungen angesichts steigender Lebenserwartung 12 Verfassungsrecht, 8., überarbeitete Auflage, Wien 2009, Rz. 226 ff.

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