OÖ. Heimatblätter 2011 Heft 1/2

115 viel, und es wäre Pflicht, ihn, der dem Schicksal Gefangenschaft Wandlung verdankt, zu fördern.“70 Die Rezensionen geben einen Eindruck vondenklischeehaftenVorstellungen, die die Linzer Kritiker von Sibirien hatten, wodurch sie sich zu phantasievoll-lyrischen, ja expressionistischen Interpretationen hinreißen ließen: „Franta ist fürs erste ein Landschafter und seine Bilder könnten ebenso gut aus einer neurussischen Malergilde sein. Als Gefangener, der den sibirischen Winter durch Pelz und Juchtenstiefel brennen fühlte, hatte er auch Sinn und Muße, der russischen Landschaft Gesicht und Geheimnis abzulauschen. Oednis und Langeweile sind der Fluch der russischen Steppe, Unfaßbarkeit die schier endlose Tiefe ihrer Wälder und unfaßbar auch die sibirische Winterlandschaft: so weit das Auge reicht: Schnee und Firmament. Franta erschaute inmitten dieser seltsamen Welt die Bilder aller Erscheinungen im richtigen Augenblick: so, wenn der Vollmond über den armseligen, unter Schnee begrabenen Kirgisenhütten stand, wenn im Dämmern des einfallenden Abends der Rauch eines Samojedenfeuers etwa in das Gewölbe des düsteren Himmels stieg, wenn die Morgensonne in das Durcheinander der Wolken ihr Blut ergoß oder bleischwarz, mit Blitzen in den Bäuchen, Gewitterwolkenriesen aus der Ferne wuchsen, Nordlicht blau wie die Eispanzer der Arktis, über fahlem Schnee geisterte oder der Steppenweg, weil es schon Abend wurde, endlos lang erschien. Immer wieder ist in Franauf seine nicht abgeschlossene akademische Ausbildung hingewiesen, jedoch mit unüberhörbarer Zuversicht, dass er seine technischen Schwächen überwinden würde: „Er ist ein tüchtiger Zeichner, der auch einen glücklichen Farbensinn bekundet. (…) Immerhin wird es dem jungen Künstler möglich werden, bei weiterer Ausbildung in seinem Fache in seiner Art Großes zu leisten.“68 Das Tagblatt schreibt: „Als Graphiker zeigt sich Herr Franta mit viel Begabung verratenden Rötel- und Kohlezeichnungen, er wird denWeg zur Radierung und zum Holzschnitt notgedrungen aus sich finden.“69 Ein Kritiker bemerkt zwar, dass Porträts und Holzschnitte Frantas seinen Arbeiten in Aquarell und Öl nachstünden, fügt aber hinzu, „Frantas Eigenart verspricht, wie sie sich hier offenbart, Weiblicher Rückenakt kniend, Farbkreide, undatiert. NordicoMuseum der Stadt Linz, ÜT 102.846 68 Linzer Tages-Post Nr. 177, 6. 8. 1927, S. 12 69 Tagblatt Nr. 174, 30. 7. 1927, S. 5 70 Linzer Tages-Post Nr. 181, 11. 8. 1927, S. 4

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