OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

197 Zukunft – Menschheitszukunft“ wurde als ausdrucksstarkes Symbol für die Friedenssehnsucht des Menschen konzipiert, innerhalb von neun Monaten fertig gestellt und im November 1922 im Wiener Kunsthaus erstmals vor Publikum präsentiert.112 Der 29 Zentimeter lange Linzer Domschlüssel, der an seinem Schaft einen Text aus der Apokalypse (3, 7)113 trägt, ist unstreitig das bekannteste Werk des Meisters. Michael Blümelhuber hatte den Domschlüssel bei der Eröffnungsfeier des Meister-Ateliers auf dem Posthofberg am 29. September 1910, in seiner Freude und aus Dankbarkeit, dem Linzer Diözesanbischof Dr. Rudolf Hittmair114 spontan zugesagt. 1914 aber Rhein als Sonderabdruck publizierte, blickte Blümelhuber auf die Abschnitte der Entwicklung seiner Kunst zurück und formulierte selbst: „Auch ich war zur Zeit meiner Anfänge Messerschmied und Schwertfeger. Kein anderes Handwerk könnte, wenn man in allem zupacken muss, alle Eigenschaften des Stahls so weit erlauschen lassen, dass ich mit Stahl auch einmal weiter gehen und anfangen konnte, aus einem Schmiedestück Ideengebilde zu meißeln, oft bis zum freien Hindurchstechen. Der innere Drang zur Kunst und zum Schönen führte zu allem Weiteren.“ Hatte er beim Stahlkreuz für Kalksburg in einer Vertiefung am Schnittpunkt der beiden Kreuzesbalken noch in traditioneller Auffassung ein im Strahlenkranz ruhendes, von der Dornenkrone umschlungenes Herz Jesu geschaffen, so übertrug der Künstler seine Gedanken und seine philosophisch-religiöse Botschaft schon nach dem Ersten Weltkrieg ins Symbolische. Noch in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fallen die ersten Experimente mit dem so genannten „Steyrer Stahlschmuck“, wobei Blümelhuber die Ausführung der Pretiosen – zumindest in manchen Fällen – seinen Mitarbeitern Hans Gerstmayr und Ferdinand Anders übertrug. Die Unika-Plakette „Evangelium“ wurde zwischen April und Dezember 1921 fertig gestellt und erstmals bei der Exposition des Dürerbundes 1922 in Wien gezeigt. Das im selben Jahr mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnete Werk besteht aus einer Stahlplatte, aus welcher – im Kontrast zum Stahl als Ausgangsmaterial für die Herstellung lebensvernichtender Waffen – Blumen als Versinnbildlichung neuen Lebens hervorbrechen. Die schon bei der Besprechung der Dichtung „JungFaust“ genannte Stahlplastik „Deutsche 111 Hugo von Hofmannsthal hat Michael Blümelhuber am 15. Juli 1912 von einem Sommeraufenthalt in BadAussee aus offenbar in dessen dichterischen Versuchen bestärkt und ihm einen Band seines im Insel-Verlag erschienen Mysterienspiels „Jedermann“ gewidmet. Die Verbindung zwischen Michael Blümelhuber und Hugo von Hofmannsthal ist außerdem durch eine 1912 im Insel-Verlag erschienene, vierbändige Ausgabe der deutschen Erzähler bezeugt, die Hofmannsthal in seiner zu Ostern 1913 in Rodaun erfolgten Widmung an Blümelhuber als Gastgeschenk deklarierte. 112 Die Stahlplastik „Deutsche Zukunft – Menschheitszukunft“ gehörte zu den seit dem Zweiten Weltkrieg vermissten Werken Blümelhubers, tauchte aber in den 1960er-Jahren wieder auf, wurde in der Folge im Wiener Dorotheum zum Verkauf angeboten und dort von dem Ordinarius für Anglistik und Amerikanistik und späteren Rektor der Universität Wien (1973–1975), Univ.-Prof. Dr. Siegfried Korninger (* 8. 10. 1925 Waizenkirchen, † 3. 10. 2006 Wien), für seinen Schwiegervater Hans Gerstmayr als Geschenk zu dessen 85. Geburtstag im Jahr 1967 erworben. 113 „Aperit et nemo claudit – claudit et nemo aperit“ (Er öffnet und niemand schließt – er schließt und niemand öffnet). 114 Dr. Rudolf Hittmair (* 24. 7. 1859 Mattighofen, † 5. 3. 1915 Linz) war von 1909 bis zu seinem Tod Bischof der Diözese Linz.

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