232 gen-Müssen im Schatten des Terrors. Schweigen ist auch die einzige Möglichkeit der Konfliktverminderung in den tristen Familienverhältnissen der Bauersleute. Vom Titel des Buches an ist „Schweigen“ die einzige mögliche Antwort auf eine unmenschliche, menschlich zerstörte Welt. Idylle und Anti-Idylle: MarlenHaushofer „Ich bin der Ansicht, daß im weiteren Sinne alles, was ein Schriftsteller schreibt, autobiographisch ist.“ (Marlen Haushofer in einem Gespräch mit Elisabeth Pablé, Die Furche, 13. 4. 1968). Marlen Haushofer führt uns in ihrem Kindheitsroman „Himmel, der nirgendwo endet“ (1966) in die kleine Welt einer Förstersfamilie, die, wie der Titel schon andeutet, Züge einer Idylle trägt. Doch diese Idylle ist trügerisch. Das Mädchen Meta erlebt wohl weitgehend das, was die Autorin selbst in den ersten zehn Lebensjahren in Haus, Wald und Gebirgslandschaft im Effertsbachtal in der Gegend von Frauenstein erlebt hat, so dass man annehmen kann, dass es sich um einen autobiographischen Roman handelt. Bemerkenswert für die kindliche Meta ist, dass sie ihrer lebhaften und bisweilen abgründigen Phantasie ziemlich schutzlos ausgeliefert ist: Ihr Wach- und Traumleben ist auffallend geteilt zwischen Euphorie und Angst. So konkretisieren sich polare Stimmungen an der Existenz konkreter Orte und Situationen: Locus amoenus und locus terribilis liegen nahe beieinander: Der locus amoenus an sich ist für Meta das „Lusthaus“, in dem der Vater seine Mittagsruhe verbringt. Zitat: „Das „Belletristik“. Das Tötungsschloss bestimmt die Perspektive des Buches. Der Ortspfarrer verfolgt vom geheimen Aussichtspunkt in seinem Kirchturm die Zeichen des Grauens: die gelben Rauchsäulen, die mit dem typischen Geruch von verbranntem Fleisch aus dem Rauchfang aufsteigen. Als Christenmensch quält ihn sein Gewissen: Auch wenn er öffentlich eingreifen wollte, würde er nichts erreichen, so bleibt ihm nichts als zu beobachten, diese Beobachtungen aufzuschreiben und zu schweigen. Das Schicksal der Bauernfamilie, deren Mutter wegen ihrer ärztlich diagnostizierten Paranoia und ihres Aufenthaltes in einer Nervenklinik letztlich todgeweiht ist, wird parallel zu den geheimen Aufzeichnungen des Pfarrers erzählt. Sie lebt ihr bedrohtes Leben in der von einem Dauerkonflikt zerrütteten Familie, die in kargen Verhältnissen ihren schweren Arbeiten in der – vom Autor nun kaum mehr geometrisch abstrakt beschriebenen – Bauernlandschaft nachgeht. Das Ende ist sozusagen determiniert: Die kranke Frau wird – unter Gewaltandrohung – abgeholt und im Tötungsschloss getötet und verbrannt, der Pfarrer wird versetzt, nachdem er den (provisorisch) amtierenden Bischof um Rat und Hilfe gebeten hat: Er sei nicht zum Märtyrer berufen, heißt die Auskunft „diplomatisch“. Auch der evangelische Amtsbruder im Nachbardorf hat nichts erreicht. Sein mutiger Versuch einer Vorsprache beim Gauleiter, mit der er die Rücknahme der Internierung der Bäuerin erwirken will, wird abgeblockt. Er erhält die lapidare Mitteilung, „die Angelegenheit sei erledigt“. Franz Rieger schuf einen Roman über das Schweigen und das Schwei-
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