225 schrieben ihre Werke aus der biografischenDistanz zu ihrer ländlichen sprachlichen Herkunftswelt, als naturalisierte Großstadtbewohner wie Franz Stelzhamer – sie haben ihr heimatliches Idiom sozusagen in der Fremde neu entdeckt und ihre ländliche Herkunftswelt in ihren Dichtungen zur Sprache gebracht. Stelzhamer war geradezu Schule bildend und gehörte wie Rosegger zu Hermann Bahrs Kronzeugen und Klassikern der von ihm Ende des 19. Jahrhunderts propagierten „Entdeckung der Provinz“. Bahrs Vorbild war der französische Dichter Maurice Barrès, der diese Idee der Aufwertung der Provinz bereits in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vertrat. Man könnte nun nach dieser Einleitung den unübersehbaren historischen Bogen weiter spannen und einen Überblick geben bis Billinger, Brandstetter und Friedrich Ch. Zauner und zu Heimatliteratur und Anti-Heimatliteratur bis hin zu Thomas Bernhard. Konkreter aber ist das Thema „Oberösterreichische AutorInnen und ihre Landschaften“ anhand von Einzelbeispielen zu fassen. Goethes Motto zu den „Noten und Abhandlungen …“ zum „West-östlichen Divan“ mag als Maxime für die folgenden Ausführungen stehen: „Wer das Dichten will verstehen Muß ins Land der Dichtung gehen. Wer den Dichter will verstehen Muß in Dichters Lande gehen.“ „Dichters Lande“ im „Land der Dichtung“: Dies zu erläutern anhand exemplarischer Texte sei der Zweck der folgenden Ausführungen. Landschaften als Projektionsflächen von Ideen und Wirklichkeiten: Dichtungslandschaften sind prinzipiell auch dann, wenn sie als reale Orte „historische Roman“, Wilhelm Hauffs „Lichtenstein“ (1826), ist nicht als deutscher „Nationalroman“ konzipiert worden, sondern – analog zu Walter Scotts schottischen „Waverley“-Romanen – als „Württemberg-Roman“. Ähnliches gilt für Willibald Alexis’ Brandenburg-Romane, Viktor von Scheffels alemannischen „Ekkehard“ (1855) und selbst noch für Stifters böhmisches historisches Epos „Witiko“ (1865– 67), das der Germanist und Schriftsteller Ernst Bertram einen „homerischen Walter Scott Roman“ bezeichnet hat. In Österreich schuf die Restauration mit den kulturpolitischen Zwangsmaßnahmen des Metternichschen Systems eine besondere Lage: Die rigorosen Abgrenzungen nach außen erzeugten ein eigentümliches binnenräumlich-österreichisches Kulturklima, das sich in der Literatur in differenzierten und vielfältigen Ausformungen manifestierte. In diesem Horizont sind auch die gezielten Hinwendungen österreichischer Autoren zu Heimat, Geschichte und Kultur ihrer Region zu sehen. Bemerkenswert in dieser Regionalisierung des Kulturbewusstseins ist die Aufwertung der originalen Volkssprache, der Dialekte – von früh an gibt es so etwas wie eine Dialektgeografie, und die ersten wissenschaftlichen DialektWörterbücher werden geschaffen, z. B. von Johann Andreas Schmeller, dessen grundlegendes Werk „Die Mundarten Bayerns“ bereits 1821 erschien. Parallel dazu ist der Aufbruch der Dialektdichtung auf breiter Front zu registrieren, Oberösterreich ist hier führend, wenn man an Franz Stelzhamer, Carl Adam Kaltenbrunner oder Anton Schosser denkt. Viele dieser Autoren
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