OÖ Heimatblätter 2010 Heft 3/4

224 (Sacrum Imperium Romanum), die in ihren überlieferten Formen unter der Napoleonischen Herrschaft aufgegeben wurde (1804: Errichtung des Kaisertums Österreich; 1806: Kaiser Franz II. legt die Römisch-deutsche Kaiserkrone nieder). In Verbindung damit sind die einzelnen Provinzen bzw. Länder zu sehen, die nun als kulturelle Einheiten mit ihren charakteristischen Besonderheiten entdeckt werden (z. B. die Steiermark mit Erzherzog Johann als Integrationsfigur, Andreas Hofer für Tirol, der übernationale Bohemismus). Vor allem waren es die Künstler – Schriftsteller, Maler, Komponisten usw. – und die aufkommende Volks- und Landeskunde (wie sie sich in der Einrichtung von Landesmuseen zeigt), die solches Identitätsbewusstsein mit ihren Werken förderten. Die Ursprünge liegen in der Romantik, ihre Ausfaltungen vollzogen sich in der Biedermeierzeit (1815–1848). In diesem Zusammenhang sei auf die Anfänge des modernen historischen Romans in Deutschland als charakteristisches Beispiel für den Regionalismus hingewiesen: Der erste deutsche „Dichters Lande“ im „Land der Dichtung“ Oberösterreichische AutorInnen und ihre Landschaften* Von Johann Lachinger Einleitung: Die ,Entdeckung‘ der Regionen im 19. Jahrhundert Wenn man von der Reiseliteratur und den Stadt- und Landschaftsdarstellungen des 18. Jahrhunderts und etwa Albrecht von Hallers Lehrgedicht „Die Alpen“ absieht, setzt auf breiter Basis die literarische Spiegelung konkreter außerliterarischer Landschaften zuerst mit dem Frührealismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Im Biedermeier werden Landschaftsbilder zu tragenden Sujets in Malerei und Dichtung. Dies verdankt sich nicht zuletzt der kulturgeschichtlichen Hinwendung zu den Regionen, die sich nach den Erschütterungen der Französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege auch politisch, im sog. Landespatriotismus manifestierte: Parallel zum Aufkommen der nationalen und national-liberalen Strömungen, aber noch vor den eigentlichen nationalistisch-politischen Tendenzen, noch vor den nationalen Einigungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, trat ein Patriotismus in Erscheinung, der im Vorfeld nationalstaatlicher, machtstaatlicher Zielvorstellungen für einige Jahrzehnte als bestimmende Idee wirksam wurde. Dieser Landespatriotismus war getragen von einem erneuten, oft bekenntnishaften Festhalten an den Dynastien (z. B. Franz Grillparzer in seinen Habsburger-Dramen) und vom Bewusstsein eigener Identität jenseits der universalistischen Reichs-Idee * Vortrag im Rahmen der „Literat(o)ur nach Linz“ des III. Biennalen Treffens der LeiterInnen und wissenschaftlichen BetreuerInnen von Österreich-Bibliotheken im Ausland, gehalten am 5. November 2009 im Linzer Landhaus. (Die Veranstaltung in Linz wurde vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, Wien, durchgeführt, unter Leitung von Reg.- Rat Christine Dollinger).

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