Tages in die schöne Dalila verliebte. Ihr gelang es, ihm das Geheimnis seiner Stärke zu entlocken, das in seinen langen Haaren bestand. Als die Philister davon erfuhren, überwältigten sie ihn, Schoren sein Haupt und blendeten ihn. Als Samson zu einem Fest für den Götzen Dagon in den Palast seiner Feinde gebracht wurde, betete er um neue Kraft. Er stemmte sich gegen die Säulen des Gebäudes und stürzte sie um. Samson starb unter den Trümmern. Dieser spannende Stoff wurde seit dem Mittelalter dramatisiert, und bis heute ist die Gestalt als Umzugsriese in verschiedenen Ausformungen weit über den Lungau hinaus erhalten geblieben. Die ältesten schriftlichen Hinweise über den Tamsweger Riesen finden sich in den Aufzeichnungen des Chronisten Andrä Kocher über die Kapuziner und deren Kloster in Tamsweg vor 1786." Diese Ordens leute hatten im Lungau die Fronleichnamsprozessionen sehr aufwendig, geradezu theatralisch ausgestaltet und unter den zahlreichen biblischen Figuren auch den Samson, der damals stets als Simson bezeichnet wurde, mitgeführt. Im Salzburger Landesarchiv wird der Samson auch in Verordnungen genannt, in denen es der Obrigkeit darum geht, die theatralischen Umzüge zu unter binden: So hatte Erzbischof Hieronymus von Colloredo im Jahre 1784 angeordnet, daß das Mittragen von Bildnissen oder geschnitzten Figuren bei Prozessionen künf tig zu unterbleiben habe. Wir wissen nicht exakt, wie lange sich die Verbote in den einzelnen Orten gehalten haben, oder ob sie überhaupt überall eingehalten wurden. Bei Ignaz von Kürsinger wird in einer Art romantischer Begeisterung bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder vom Herumtragen des Samson am Fronleich namstag (jedoch nicht bei der Prozession) berichteU Heute ziehen die Riesen des Lungaues jedenfalls wieder an bestimmten Festtagen durch die Straßen ihrer Gemeinde. Immerhin sind es acht in Salzburg und zwei in der angrenzenden Steier mark. Die Umzugsriesen sind aber auch, mit einer länger nachweisbaren Tradition, in Spanien, Frankreich und Belgien anzutreffen, um nur einige der Zentren dieses Brauches anzuführen. Im Jahre 1994 waren die spanischen Riesen „Llorenc" und „Agnes" sogar im Lungau zu Besuch. „Llorenc" vertritt einen berühmten Helden der katalanischen Geschichte, der einen Drachen getötet haben soll, und „Agnes", seine Frau, steht für die Bevölkerung von Matadepera, die von dieser Bedrohung befreit wurde. Ein weiteres Beispiel sind „Goliath" und seine „Madame" im belgischen Ath, die sich alljährlich beim Umzug verheiraten und auf deren Hochzeit jedes Jahr der Zweikampf des Giganten mit David folgt. Diese Umzugsriesen gehen auf das Jahr 1482 zurück und gelten europaweit als die ältesten. Ein Spiel von David und Goliath, beide ebenso wie Samson biblische Figuren (1 Chr 20, 4-8), hat der Lun gauer Michael Dengg (1879-1974) im Jahre 1913 niedergeschrieben. Seit drei Jahren " Andrä Kocher: Die Kapuziner und ihre Zeit. Eine Chronik von Andrä Kocher, Reiterbauer am Lasaberg. Tamsweg 1786. ' Ignaz von Kürsinger: Lungau. Historisch, ethnographisch und statistisch aus bisher unbenützten Quellen. Salzburg 1853.
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