OÖ. Heimatblätter 1999, 53. Jahrgang, Heft 3/4

Mit Volkskiiltur ins dritte Jahrtausend Von Lucia Luidold Kurz vor der Jahrtausendwende ist ein passender Zeitpunkt, ein paar Gedanken und Visionen zur künftigen Kulturarbeit zur Diskussion zu stellend Ich werde keine Patentrezepte liefern, genausowenig, wie ich weder den viel gebrauchten Globalisierungsfallen noch ihren Fallenstellern das Wort reden möchte. Als Volkskundlerin gehe ich von Kultur als der von den Menschen gestalteten und gelebten Kulturform aus und werde versuchen, anhand von Beispielen den Zustän digkeitsbereich und die Aufgaben der Kulturarbeit zu umreißen. Wenn wir von Kultur sprechen, so ist gemäß der Definition des Europarates Kultur „alles, was dem Individuum erlaubt, sich gegenüber der Welt, der Gesell schaft und auch gegenüber dem heimatlichen Erbgut zurechtzufinden, alles, was dazu führt, daß der Mensch seine Lage besser begreift, um sie unter Umständen ver ändern zu können."^ Das augenfälligste Kulturwerk im gesamten Alpenraum ist die bäuerlich gestaltete Naturlandschaft. Dies war lange mehr oder weniger eine Selbstverständ lichkeit und wurde nicht als solches bedacht, solange diese Arbeit einen integralen Bestandteil des Lebens bildete. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Kulturlandschaft zum Thema, weil sich der ökonomische Wandel auf die Bewirtschaftung der Regio nen ausgewirkt und damit auch die Sozialstruktur beeinflußt hat. Diese Entwicklung bedingt ein neues Verständnis von Kulturarbeit, die nun nicht mehr allein im Agrarbereich anzusiedeln ist, sondern als Bewußtseinsbildung für alle Lebens- und Arbeitsmodelle verstanden wird. Hier liegt auch mein volks kundliches Interesse, denn Kulturarbeit muß bei den Menschen sein, muß mit den Menschen entstehen und immer wieder von den Menschen initiiert werden. Nur damit ist gewährleistet, daß in den kulturellen Äußerungen die Anliegen, das Den ken und die Bedürfnisse der Menschen zum Tragen kommen. Hier lassen sich aus dem großen Bereich der Bräuche hervorragende Bei spiele anführen. Bräuche, die im jahreszeitlichen Rhythmus immer wieder Schwerpunkte set zen, geben den Menschen die Möglichkeit, alljährlich die gleichen Inhalte anschau lich darzustellen. Dabei spielen das Weltbild und das darin enthaltene religiöse Ver ständnis eine wesentliche Rolle. Unsere großen Feste ergeben sich aus den Ereignis sen des Kirchenjahres, das mit der Adventzeit beginnt. Ich denke besonders an ' Referat anläßlich des Jahrestages der Salzburger Heimatvereinigungen am Sonntag, 21. März 1999 in St. Johann im Pongau. ^ Uschi Derschmidt u.a.: Lebens-Mittel. Materialien zu den Themen Kultur und Heimat. Salzburg 1989, S. 15.

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