OÖ. Heimatblätter 1999, 53. Jahrgang, Heft 3/4

Gewerbeordnung und die Eisenindustrie". Als Industrieller mokierte sich Löwenthal über die Festlegung eines Normalarbeitstages - in Ungarn befasse man sich mit der lei Experimenten überhaupt nicht - und über Einschränkungen der Kinderarbeit in der Großindustrie, die Kinder erst ab vierzehn Jahren beschäftigen dürfe, während im Kleingewerbe auch Zwölfjährige arbeiten. Sogar das Nachtarbeitsverbot für Kin der erregte Löwenthals Mißmut, der in Kinderarbeit ausschließlich Vorteile für die Familie zu sehen glaubte. Machte Bleichsteiner hohe Transportkosten für den seiner Ansicht nach drohenden Untergang der österreichischen Industrie verantwortlich, so ortete Löwenthal beim generell „feindlichen" Kleingewerbe das erklärte Ziel, Großbetriebe zu ruinieren. Professor Kupelwieser warf in seinem Referat „Über die Kleineisenindustrie"65 diesem Wirtschaftszweig vor, einen „negativen Einfluss auf unsere Handels bilanz (auszuüben)", denn die Fabrikanten verarbeiten schlechtes, d.h. billiges Mate rial und bevorzugen noch immer die Handarbeit. Als Vorbild strich Kupelwieser das Eisengewerbe in Solingen und in Remscheid heraus, wobei er u.a. ausführte, „... dass ich heuer (1884) beim Besuche einer grossen Scheerenfabrik in Solingen in der Gussstahlhütte dieser Fabrik ... für die Erzeugung von Tiegelgussstahl steirischen Rohstahl... vorfand. Ich kann diesen Umstand nicht unberührt lassen, weil ich dar auf aufmerksam machen will, welche Sorgfalt heute an anderen Orten auf die Aus wahl des Stahles verwendet wird". Kupelwieser richtete seine mitunter scharfen For mulierungen wohl auch gegen die mit zahllosen Problemen, teilweise sogar mit dem Untergang kämpfenden Kleineisenfabrikanten im Großraum Steyr, beispielsweise gegen die Nagelschmieden im unteren Ennstal, die Werkzeugschmieden in und bei Waidhofen an der Ybbs sowie die Sensenschmieden im Steyr- und Kremstal. Nach diesem letzten Vortrag^^ dankte Sitzungspräsident Jarolimek allen Referenten und Diskussionsteilnehmern sowie dem Bürgermeister der Stadt Steyr und dem Vorbereitungskomitee unter Obmann R. v. Fritsch für deren allseits aner kannte Bemühungen um den Montanistentag. Bergrat Farbaky sprach den beiden Sitzungspräsidenten v. Kerpely und Jarolimek „... den verbindlichsten Dank für ihre tactvolle und energische Leitung der Verhandlungen" aus.*"^ Ein gemeinsames Diner bot Gelegenheit zu Tischreden und Toasts, wobei „... den Reigen der Toasts" Bürgermeister Pointner mit einem dreimaligen Hoch auf Kaiser Franz Joseph eröffnete. Weitere Trinksprüche galten dem Vorbereitungskomi tee, der Stadt Steyr, den Bergakademien Schemnitz, Leoben und Pfibram sowie allen Montanisten Österreich-Ungarns. Am Nachmittag besuchte man die k. k. Fachschule und Versuchsanstalt für Stahl- und Eisenindustrie und mehrere Betriebe der Waffenfabriks-Gesellschaft. In Kupelwieser, F.: Zur Kleineisenindustrie. In: ÖZBH 32 (1884), S. 623-625. Der anfangs nicht angemeldete Vortrag „Eine Seilausgleichungsvorrichtung bei Fördermaschinen" von Hugo V. Rettich war wegen Erkrankung des Referenten entfallen. " Österreichisch-ungarischer Montanistentag ..., Anm. 49, S. 106 und 107.

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