Die massiven Eiterungen während der Wundheilung und auch noch später auftretende septische Fieber forderten eine große Anzahl von Sekundärtodesfällen. Von Oberschenkelamputierten überlebten kanpp ein Drittel, von Oberarmampu tierten kaum die Hälfte. Eine Schmerzstillung in unserem Sinne gab es praktisch nicht. Die Patienten wurden während der Eingriffe von kräftigen Wärtern festgehal ten, und wenn sie nicht in Ohnmacht fielen, war wohl der Schock die wirksamste Schmerzstillung. Larrey erzählt übrigens in seinen Erinnerungen, daß während der Schlacht bei Eylau, die bei minus dreiundzwanzig Grad Celsius stattfand, der Ver brauch an Laudanum ein wesentlich geringerer war, weil die Kälte die Schmerzen linderte. Dieses Laudanum war ein Extrakt aus Mohnkapseln, der zur SchmerzsHllung und bei Durchfällen gerade in dieser Zeit auf breiter Basis verwendet wurde. Die Feldapotheken der französischen Armee waren damit reichlich ausgestattet. Alkohol wurde zur Schmerzstillung nur wenig verwendet, offenbar fürchtete man das vor Eintritt der Betäubung auftretende Erregungsstadium, das bei chronischen Alkoholikern, wie es ja die damaligen Soldaten durchwegs waren, besonders ausge prägt zu sein pflegt. Der Erstversorgung folgte meist eine lange Weiterbehandlung, die nicht weniger schmerzhaft war und bei vielen entstellende und funktionsbehindernde Narben hinterließ. Viele Chirurgen entschieden sich für eine rasche Amputa tion, die glatte Wundverhältnisse schuf und die Infektionsgefahr erheblich minderte. Larrey war ein Vertreter der radikalen Linie und soll in der Schlacht bei Borodino in 24 Stunden über zweihundert Amputationen vorgenommen haben, wobei berichtet wird, daß er für eine Oberschenkelamputation nicht länger als zwanzig Sekunden benötigte. Bei der Schmerzhaftigkeit der Eingriffes waren eben Geschicklichkeit und Geschwindigkeit oberstes Gebot, und die Militärchirurgen waren speziell darauf trainiert. Die funktionellen Ergebnisse einer Oberschenkelam putation waren trotz der mangelhaften Frothetik noch wesentlich besser als die Fol gen einer Wundheilung mit Kontrakturen und Bewegungsunfähigkeit etwa des Kniegelenkes. Dieser Erstversorgung folgte der Abtransport in Lazarette. Solche Lazarette wurden in Kirchen, Klöstern, Adelspalästen und Schlössern, aber auch in Scheunen und Lagerhallen meist zu Lasten und auf Kosten örtlicher Behörden eingerichtet. So schreibt 1809 der Kreishauptmann von Ried im Innkreis an die Stände des Landes Oberösterreich, daß das Schloß und die ehemalige Kapuzinerkirche in ein französi sches Militärspital umgewandelt werden mußten und für die „Fourniture" ein Kon trakt mit dem Kaufmann Wolf Levi von Augsburg geschlossen wurde, aufgrund dessen man einen Betrag von 5.000 Fl. ausgelegt habe. Zum Transport der Verwun deten wurden seitens der Besatzungsbehörde 60 bespannte Leiterwägen nach Aschach und Eferding beordert. In Linz waren bereits 1798 zahlreiche Freihäuser, das Jesuitenkolleg in der Domgasse (heute Hauptpostamt), das Schloß Hagen sowie die Schlösser Buchenau und Hartheim zu Lazaretten bestimmt. Sie wurden allerdings zum damaligen Ter min nicht benötigt, da die Franzosen kampflos weiterzogen. Dafür waren 1805 und
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