Spolien möglich erscheinen}^ Holter hingegen tritt für die .Zeit der letzten Karolinger ein, in der sich beispielsweise Abt Snelpero (um 890) der besonderen Wertschätzung Kaiser Arnulfs erfreute. Sogar für die spätottonische Entstehungszeit gibt es Verfechter.^'^ Auch heute werden Gäste zum feierlichen Mahl in das große und kleine Refektorium gebeten. Ihre Zahl übertrifft die Gästezahl des letzten Jahrhunderts. In letzter Zeit hat es sich eingebürgert, daß dazu immer auch Mitarbeiter aus den ver schiedenen Bereichen des Hauses oder der Stiftspfarren eingeladen werden, eine durchaus lobenswerte Initiative. Im Refektorium nehmen der Tassilokelch und die Tassiloleuchter einen Ehrenplatz ein. Nach dem Requiem und einem Empfang im Salon der Abtei begeben sich die Patres mit den Gästen ins Refektorium. Zu Beginn des Festessens verliest der Gustos Ecclesiae, der für die Stiftskirche zuständige Prie ster, die Stiftungsurkunde des Herzogs Tassilo, früher in lateinischer, jetzt in deut scher Sprache.^® Als die Patres nach ihrer Vertreibung durch die Nazis nach 1945 wieder den Stiftertag feiern konnten, soll dann der Leser einer mündlichen Überlie ferung zufolge die Urkunde zwar lateinisch, die Pönformel aber deutsch verlesen haben.^^ Als Hauptgericht wird sodann den Gästen Wildschweinbraten serviert.^^ So hat sich denn in der Agilolfingerstiftung an der Krems bis auf den heuti gen Tag die dankbare Erinnerung an den Stifter und seine Familie erhalten. Der Karnisseltag Durch lange Zeit war mit dem Stiftertag auch der Karnisseltag (oder das Gspendt) verbunden, an dem an Fremde und Einheimische eine Fleisch- und Brot spende ausgegeben wurde. Hannelore Karl, Restaurierungsbericht über die Tassilo-Leuchter aus dem Stift Kremsmünster, Wien, Oktober 1996, Masch., Abteisekretariat. Pankraz Stollenmayer, Tassilo-Leuchter Tassilo-Szepter. In: Gymn. Jb. 102 (1959), 1-72; Holter, Kunstschätze der Gründungszeit, 121-129, besonders 129. " Zur Stiftungsurkunde siehe Herwig Wolfram, Die Gründungsurkunde Kremsmünsters. In: Die An fänge des Klosters Kremsmünster (= Ergänzungsband zu den MOÖLA 2), Linz 1978, 51-92; zur wei teren Literatur darüber ebd., 51, Anm. 1. Sie lautet: „Wenn aber jemand unter was immer für einen Vorwand dieser Traditionurkunde entge gentreten wollte, soll er dem Zorn des allerhöchsten Gottes verfallen und teilhaben mit Judas, dem Wrräter. Er wird sich verantworten müssen vor dem heiligen Erlöser. Dieser Rechtsvertrag wird aber nichts desto weniger fest bestehen bleiben." (Stollenmayer, Gründung des Stiftes Kremsmünster, 302.) " Schon in den dreißiger Jahren spendete Herzog Ernst August von Braunschweig als Gutsnachbar und Jagdpächter für die Festtafel ein Wildschwein (Notiz von der Hand des F. Altman Kellner in Buechauer, Tagebuch). Im Jahr 1954 kam diese Spende von seiner Tochter, Königin Friederike von Grie chenland. Wohl findet sich schon im Kremsmünsterer Urbar von 1299 die Abgabe von Wildschwei nen durch die Stiftsmeierhöfe an das Kloster verzeichnet (Konrad Schiffmann [Hrsg.], Die mittelalter lichen Klosterurbare des Erzherzogtums Österreich ob der Enns II, Wien - Leipzig 1913, passim). Ob dieser Dienst jedoch mit dem Stiftertag zusammenhängt, ist fraglich. Einen direkten Hinweis auf den 11. Dezember findet sich im Zusammenhang mit dem Zehenthof in Hall: „Item Tassilonis 4 porcos, quorum quilibet valeat 12 sol. den." (Ebd., 190.) Vielleicht besteht hier eine Verbindung mit der Tradi tion, derzufolge Hall tassilonisches Eigengut war.
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