Vor diesem ideologischen Hintergrund sind auch Organistenwettbewerb und Orgelerweiterungs bau im großangelegten Musikzentrum des Groß deutschen Rundfunks im „Brucknerstift St, Flo rian" (vgl. OÖ. Hbl. 44 [1990] 72 f.) zu sehen. Dem Autor ist eine klar strukturierte und gut lesbare Darstellung des von ihm mit großem Weitblick aufgespürten und ausgewerteten Quel lenmaterials gelungen. Ausgehend von der vom Parteiapparat gesehenen symbolischen Bedeu tung der Orgel als Instrument der Politik und der Volksgemeinschaft erörtert er den praktischen Einsatz in den politischen Feiern, die entspre chende Orgelmusik und den Orgelbau. Erfreuli cherweise stellt er auch ausreichend Verbindun gen zur aktuellen Zeit- und Geistesgeschichte, zum aktuellen Musikleben und -schaffen, zur Kir chenmusik, zum Entwicklungsstand des Orgel baues und zur Orgelbewegung (vgl. OÖ. Hbl. 50 [1996] 334) her. Zu all dem kann man Michael Gerhard Kaufmann großes persönliches Engage ment, Umsicht und für diese Studie unerläßliche Objektivität attestieren. Daß sich damals Funktio näre, Interpreten und Komponisten, um einem le bensgefährlichen Fronteinsatz zu entgehen, ver ständlicherweise vermehrt in den musikpoliti schen Aktivitäten der NSDAP engagierten, kann der Autor allerdings nicht akzeptieren, und noch weniger, daß diese auch nach 1945 ungestraft in musikalischen Funktionen aktiv bleiben konnten. Einen Wunsch läßt dieses Buch offen: ein Perso nen-, Orts- und Sachregister. Karl Mitterschiffthaler Hans Sedlmayr: Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit. 11. unveränderte Auflage. Salzburg. Otto Müller Verlag 1998. 263 Seiten, 63 SW-Ahbildungen. Gebunden, S 348,-. 1948 erschien die erste Auflage dieses Bu ches, der innerhalb von 50 Jahren zehn weitere - ohne Veränderungen - gefolgt sind. Sein Verfas ser, der Österreicher Hans Sedlmayr (1896-1984), war Professor für Kunstgeschichte in Wien, Mün chen und Salzburg und ein Zweifler an Moderne und Aufklärung, was ihm eisige Ablehnung durch die Progressisten und begeisterte Zustimmung der Konservativen eintrug. Die einen diffamierten den „Verlust der Mitte" als ein „unseliges Pam phlet", die anderen sahen in ihm ein „Stück großer Kunstgeschichte". Es ist aber mehr als Kunstge schichte, es ist auch Kulturgeschichte, noch mehr Kulturkritik. Umberto Eco zählt es, auch heute noch zu den „Grundlagentexten für einen wohl fundierten Diskurs über die moderne Zivilisa tion". Als Oberösterreich-Bezug seien Sedlmayrs Anmerkungen zu Alfred Kubin, den er als außer ordentlichen Künstler bezeichnet, auf S. 131, 133, 164 und 245 erwähnt. Sedlmayrs Buch „Verlust der Mitte" ist so be rühmt, daß es nicht weiterer Rühmung bedarf, wohl aber der Aufforderung an die jüngere Gene ration, es zu lesen. Denn: „Trotz der vielen Reden über unsere Zeit erscheint nur selten ein origina les, aus voller Ergriffenheit entstandenes Buch zu ihrer Erhellung. Das Ihrige scheint mir ein solches zu sein ..", schrieb Karl Jaspers 1948 an Hans Sedl mayr. Dieses Urteil trifft auch 50 Jahre später noch zu. Josef Demmelbauer Roman Herzog: Demokratie als Friedensstrate gie. Reden und Beiträge des Bundespräsidenten. Herausgegeben von Dieter S. Lutz. Baden-Baden: Notnos Verlagsgesellschaft, 1997. Bd. III der Reihe „Demokratie, Sicherheit, Frieden". 256 Seiten, gebunden, S 350,-. Die Reden des deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog, eines weitum anerkannten Staats rechtlers, der vor seiner Wahl zum Staatsober haupt Präsident des Bundesverfassungsgerichts war, reihen sich nach Inhalt und Form würdig an die seines Vorgängers Richard v. Weizsäcker an. In der vorliegenden Auswahl geht es primär um das Thema „Frieden", und das im Blick auf das an brechende nächste Jahrtausend. Hiebet greift Ro man Herzog wiederholt den Begriff der „Weltin nenpolitik" auf, den Carl Friedrich v. Weizsäcker, der Bruder von Herzogs Amtsvorgänger, geprägt hat (siehe etwa: „Das Friedensproblem", in: „Der Garten des Menschlichen", Fischer-Taschenbuch Nr. 6543, S. 28). Bundespräsident Herzog hat die sen Begriff verdeutlicht: „Sowohl die innere Si cherheit als auch die Überlebensfähigkeit der Menschheit hängen davon ab, ob es uns in unse rer Lebensspanne gelingt, in Bereichen wie Frie denssicherung, wie Umweltschutz, Artenschutz, Rohstoffverbrauch und Ernährung zu Lösungen zu kommen, die den Namen einer Weltinnenpoli tik wenigstens in Ansätzen verdienen." Jede Rede, jeder Artikel in diesem Band ist lesens- und bedenkenswert, z.B. jetzt die auch die
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