OÖ. Heimatblätter 1998, 52. Jahrgang, Heft 3/4

mationszeit verlassene Nonnenkloster Schlier bach war 1620 als Mönchskloster mit der Auf gabe der Pfarrseelsorge (Rekatholisierung) im Kremstal wieder besiedelt worden und bedurfte einer grundlegenden Neugestaltung seiner Ge bäude. Diese nach der Reformation erste gänzlich neu errichtete und ausgestattete Zisterzienserab teikirche erfährt hier erstmals eine genaue Be schreibung und ikonologische Interpretation der Bilddarstellungen. Besinnung auf geistiges Erbe und Ordensgeschichte und Selbstdarstellung kommen lediglich in den Fresken des Orgelchors, des ursprünglichen Psallierchors, zum Ausdruck. In der Abteikirche von Baumgartenberg, kurz vor der Jahrhundertwende mit barockem Dekor neu ausgestattet, findet man die zisterziensische Ikonologie in einer auch im 18. Jahrhundert von kei ner anderen Ordenskirche erreichten Reichhaltig keit. Der gesamte Freskenzyklus stellt die großen Persönlichkeiten und die herausragenden Leistun gen der Gründungs- und Frühzeit des Ordens dar. Damit wollte dieses Kloster sein geistiges und hi storisches Profil unmittelbar vor dem Ordensjubiläum 1698 besonders betonen. Die gelungene Synthese von mittelalterlicher Architektur und barockem Stuck, Fresken und Interieur wird leider nur selten erkannt. David Klemm begnügt sich nicht damit, die Architektur und die verschiedenen Bildfolgen sorgfältig zu analysieren und zu interpretieren. Zur Bestimmung des kunsthistorischen Stellen wertes zieht er auch das aktuelle Bauschaffen an derer Abteien und Bischofskirchen heran. Sein weiter Horizont der Erörterung - das sei beson ders hervorgehoben - ermöglicht ihm, Zusam menhänge zu Geschichte, Spiritualität und Verfas sung des Ordens und der Klöster - das Nichtkennen der diesbezüglich aktuellen Literatur fällt da bei kaum ins Gewicht - und damit die Motivation zu einer ganz bestimmten Bildausstattung aufzu zeigen. Dadurch wird faßbar, daß die barocken Kirchenbauten der Zisterzienser Ausdrucksträger eines ausgeprägten Geschichtsbewußtseins und der Bewahrung und Weitergabe des anvertrauten Erbes sind und daß sich die Bildausstattung der beiden oberösterreichischen Abteikirchen Schlier bach und Baumgartenberg sich als typische Re präsentanten der aktuellen geistes- und kulturge schichtlichen Bedeutung des Ordens und dieser Klöster erweisen und an der Entfaltung einer or densspezifischen Ikonographie und Ikonologie im 17. Jahrhundert beteiligt waren. Von einem Kontrast zum traditionellen Kunstschaffen der Zi sterzienser zu sprechen, ist nicht ganz zutreffend, da der Orden die Bauvorschriften schon seit sei ner Frühzeit schrittweise gelockert hat, in den Klo sterbauten laufend neue, bodenständige Stilele mente rezipiert wurden, und nach der Reforma tion mit anderen Aufgaben in Erscheinung trat. Übrigens, das Wörtchen „ehemalig" bei Domini kanerkirche Wien (S. 62-64) ist zu streichen. Karl Mitterschiffthaler Michael Gerhard Kaufmann: Orgel und Natio nalsozialismus. Die ideologische Vereinnah mung des Instrumentes im „Dritten Reich". Schriftenreihe der Walcker-Stiftung für orgelwissenschafiliche Forschung. Hgg. v. H. H. Eggehrecht, Bd. .V Klein blittersdorf: Musikwissenschaftliche Verlags-Gesellschaft mbH., 1997. 344 und XLIV Seiten mit Notenbeispielen, Fotos und Faksimiles. ISBN 3-920670-36-1 Musik spielte im Propagandawesen des NSRegimes eine große Rolle. Kein Wunder, daß die Musikpolitik dieses totalitären Regimes in jüng ster Zeit häufig Thema wissenschaftlicher Unter suchungen war (vgl. OÖ. Hbl. 47 [1993] 73 f.; 50 [1996] 326). Wo immer es möglich war, bediente man sich der suggestiven Kraft der Musik mit volkspädagogischen und propagandistischen Zielsetzungen. Dazu gehörte auch die Vereinnah mung von Komponisten wie J. S. Bach, R. Wagner und A. Bruckner als „echt deutsche". Das NSRegime bekämpfte und unterdrückte zwar Reli gionen und Kirchen, bot aber den religiösen Be dürfnissen der Menschen anderweitig entspre chenden Ersatz. Führerkult, Ehrungen, politische Feiern, propagandistische Wortklischees, kulti sches Pathos, Zukunftsperspektiven („Endsieg") u. dgl. weckten religiöse Assoziationen, wurden von der Bevölkerung als „schön" empfunden, und hatten den gewünschten pseudoreligiösen, kulti schen Aufbau und Charakter. So bediente man sich auch der Orgel als sakralisierendes Instru ment und setzte sie bewußt in den verschiedenen Feiern zum Zweck der Ritualisierung ein. Man scheute keinen Aufwand, in Feierhallen, Konzert sälen, in Jugendhäusern der HJ, Lehrerseminaren usw. repräsentativ bzw. dem Bedarf entsprechend kleinere Orgeln zu errichten. In den Formen des Choralbearbeitungsrepertoires für den liturgi schen Gebrauch wurden Kompositionen über das nationalsozialistisch-propagandistische Liedgut von verschiedenen Komponisten beigesteuert.

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