EU-Osterweiterung: Reminiszenzen an die Donaumonarchie Von Josef Demmelbauer Im Vertrag von Amsterdam wird die grundsätzliche Einigung der EU-Mit gliedstaaten auf die EU-Osterweiterung bekräftigt. Damit zieht die einstige öster reichisch-ungarische Monarchie eine neue Aufmerksamkeit an sich. Dazu kommen aus österreichischer Sicht die Gedenkjahre 1848 und 1918; 150 Jahre sind vergangen seit der Revoluhon von 1848, die den Anfang des Endes der Habsburgermonarchie einläutete. Vor 80 Jahren brach die Doppelmonarchie, die 1867 nur noch mühsam zusammengekit tet werden konnte, endgültig auseinan der. Wie sehr die „politischen Religio nen" der Zwischenkriegszeit zur Kata strophe des Zweiten Weltkrieges beige tragen haben, habe ich in meinem Bei trag in Heft 1/2-1998, S. 232ff., aufzuzei gen versucht, und zwar jeweils am Werk eines Schriftstellers und eines Staatswis senschafters. Diesmal sollen wiederum mit derselben Methode die Spannungen innerhalb der Donaumonarchie, die zu ihrem Untergang führten, aufgezeigt werden. Das untergegangene „Kakanien" Im berühmten Kakanien-Kapitel sei nes großen Romans „Der Mann ohne Ei genschaften" schreibt Robert Musil von „diesem seither untergegangenen unver standenen Staat", er sei verwaltet wor den „in einer aufgeklärten, wenig fühlba ren, alle Spitzen vorsichtig beschneiden den Weise von der besten Bürokratie Eu ropas ...". Dann wendet er sich seiner Gesetzgebung zu: „Man hatte ein Parla ment, welches so gewalhgen Gebrauch von seiner Freiheit machte, daß man es gewöhnlich geschlossen hielt; aber man hatte auch einen Notstandsparagraphen, mit dessen Hilfe man ohne das Parla ment auskam, und jedesmal, wenn alles sich schon über den Absolutismus freute, ordnete die Krone an, daß nun doch wieder parlamentarisch regiert werden müsse."^ Dieses als Reichsrat bezeichnete Par lament war seit dem sogenannten Febru arpatent I86I nach dem Zweikammersy stem als Herren- und Abgeordnetenhaus organisiert. In der Dezemberverfassung 1867 wurde es die Grundlage für die Ge setzgebung bis zum Ende der Monar chie, freilich nur für die österreichische Reichshälfte, für die „im Reichsrathe ver tretenen Königreiche und Länder'V Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses wurden zunächst von den Landtagen in indirekter Wahl entsandt, erst 1873 kam es zur „Volkswahl", allerdings nur durch den Großgrundbesitz, die Städte, die Handels- und Gewerbekammern und ^ S. 33 f., zitiert nach der Rowohlt-Sonderaus gabe 1970. ^ § 1 des Staatsgrundgesetzes über die Reichsver tretung, RGBl. Nr. 141/1867, zählt sie - in heute beeindruckender Weise - auf.
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