Pammer seine Geschäftsbeziehungen zu ihm, da er es ablehnte, bei seinem eigenen Konkurrenten einzukaufen.^® Ebenfalls verärgert war der Straglinger Schneider über einen Textilhändler und Konfektionisten in der nahen Steyrermühl, der den Namen Bammer trug. Für die Kunden hing die Entscheidung zwischen Konfektion und maßge schneiderter Kleidung von verschiedenen Erwägungen ab. Wichtig war der Preis, und Konfektionskleidung war häufig billiger. Dies gilt aber nicht durchgehend: So war der Straglinger Schneider bei der Arbeitskleidung durchaus wettbewerbsfähig. Ein nahe gelegener Bauer etwa entschied sich aus diesem Grund beim Arbeitsge wand für das Angebot des Schneiders; bei der sonstigen Kleidung ging es ihm nicht ausschließlich um den Preis, sondern auch um die Mode - und die Kleidung des Straglinger Schneiders war ihm nicht modisch genug, sodaß er zur Konfektion griff. Dieser Bauer trug also bei der Arbeit Maßkleidung und bei anderen Gelegenheiten Konfektionskleidung.^^ Wichtig war auch die handwerkliche Qualität der Kleidung; Konfektionskleidung erreichte erst langsam die Qualität und Vielfalt heutiger Kon fektion und konnte daher von Maßschneidern noch leichter übertroffen werden. Handwerker auf dem Land Vieles an dem, was aus dem Hauptbuch der Schneiderei in Stragling ent nommen werden kann, ist ohne Erläuterung durch die, die diese Zeit selbst erlebt haben, nicht verständlich. Umgekehrt läßt sich aber auch manches, was an Eindrükken in den Erinnerungen zurückgeblieben ist, durch eine Quelle, wie sie solche Geschäftsunterlagen sind, überprüfen, zurechtrücken und genauer fassen. Eine Aufstellung von Hunderten geschäftlichen Aufträgen, die ein kleiner Handwerker auf dem Land bekam, zeigt die Vorgänge, die im großen abliefen, in der veränderten Gestalt, die sie im kleinen Rahmen annehmen konnten: Den Krieg, seine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, den Mangel an Gütern des täglichen Bedarfs, all dies finden wir in solchen Unterlagen wieder. Aber selbst Zerstörung und Mangel im großen können unter günstigen Umständen noch Raum dafür las sen, daß eine gewöhnliche Tähgkeit wie zu Friedenszeiten einem einzelnen die Erhal tung oder sogar bescheidene Steigerung seines Wohlstands ermöglicht. In diesem Sinn können solche Quellen einen Eindruck von der Unterschiedlichkeit der Erfah rungen vermitteln, die unter den Bedingungen dieser Jahre gemacht werden konn ten. Ebenso geben sie Eindrücke von Erfahrungen, die vielleicht mehr Allgemein gültigkeit hatten: Die Kleinräumigkeit der alltäglichen Abläufe, die Verbrauchsge wohnheiten der Zeit, sie waren nicht nur für den Handwerker selbst, sondern auch für seine Kunden wichtig. Auch hier werden solche Quellen zu einer wertvollen Gelegenheit, herauszufinden, wie vor Jahrzehnten gewöhnliche Menschen auf dem Land ihren Alltag erlebten und was sich daran in der Zwischenzeit verändert hat. Auskunft Josef Pammer. Auskunft Anna Müller.
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