OÖ. Heimatblätter 1998, 52. Jahrgang, Heft 3/4

keine dieser Gruppen war sparsamer oder verschwenderischer als die anderen, keine hätte erkennbar die teureren oder billigeren Arbeiten bevorzugt. Der Beruf des Kunden ließ keine besonderen Erwartungen zu, ob der Schneider an diesem einen Auftrag viel oder wenig verdienen würde. Die treuesten Kunden Johann Pammers waren die Bauern. Obwohl nur jeder dritte Kunde Bauer oder Bauernsohn war, sorgten diese doch für die Hälfte der Geschäfte. Ihre Zahl veränderte sich im Lauf der Jahre wenig, wenn man von den letzten Jahren vor dem Ruhestand Johann Pammers absieht; da das Geschäft in den dreißiger Jahren schlechter ging, war in dieser Zeit daher der Anteil der bäuerlichen Kunden besonders hoch und lag bei sechzig von hundert Kunden. Viel seltener als Bauern sah der Straglinger Schneider Häusler und Dienst boten bei sich: Knapp ein Zehntel der Kunden waren Häusler, etwas weniger waren Knechte; zusammen sorgten sie für ein Sechstel der Geschäfte. Bei dieser geringen Zahl von Dienstboten ist allerdings zu bedenken, daß es wesentlich mehr Bauern als Dienstboten gab: Bei den Männern im Bezirk Gmunden war die Zahl der Bauern und ihrer mithelfenden Familienangehörigen doppelt so hoch wie die der Knechte und Landarbeiter. Knechte waren schon deshalb regelmäßige Kunden von Schnei dern, weil sie jedes Jahr einen Maßanzug bekamen, sei es ein schwarzer Anzug, eine Tracht oder ein Sportanzug.'^ Die wechselvolle Geschichte dieser Jahre brachte es mit sich, daß ein großer Teil der Kundschaften von außerhalb der Gegend kam. Insgesamt ein Zehntel aller Kunden war entweder Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter oder Flüchtling. Wir finden während des Krieges Arbeiter, zumeist in der Landwirtschaft eingesetzt, aus Italien, Rumänien, Polen, Rußland und der Ukraine, den ersten von ihnen bereits im Jahr 1940; drei Jahre später war unter acht Kunden, die Johann Pammer in seiner Werk statt begrüßen konnte, einer ein Fremdarbeiter oder Zwangsarbeiter. Einen ebenso hohen Anteil hatten diese Fremden an den Aufträgen, die mein Großvater in diesen Jahren erhielt. Als der Krieg zu Ende ging, kamen Flüchtlinge, die ihre Heimat hatten verlassen müssen, nach Oberösterreich; diese Leute blieben lange, in Johann Pam mers Hauptbuch finden wir den letzten noch sechs Jahre später. Andere Ortsfremde waren zwar durch die Wirren des Kriegsendes von zu Hause in die Ohlsdorfer Gegend verschlagen worden, doch blieben sie nur kurze Zeit und kehrten zumeist noch im selben Jahr zurück. 1945 war daher das Jahr der Fremden, da die Fremdund Zwangsarbeiter noch und die Flüchtlinge schon da waren - fast ein Drittel der Kunden und der Aufträge in diesem Jahr waren Fremde und Aufträge von Fremden. Dennoch waren diese Fremden vorübergehend zu Nachbarn und erst so zu möglichen Kunden geworden; der Schneider konnte nicht auf Kunden hoffen, die einen weiten Weg zu ihm hätten zurücklegen müssen. Die meisten, die im Haupt buch genannt sind, wohnten im Streifen zwischen der Traun, der Ager und der Aurach, erstere einen Kilometer von Stragling, die anderen beiden Flüsse drei Kilo meter entfernt, in gerader Linie gemessen. Acht von zehn Kunden wohnten in dieAuskunft Herbert Pammer.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2