Ende der Monarchie war es zwar klein nach den Maßstäben ausländischer Unter nehmen desselben Zweiges, doch eines der größten Häuser in der Republik Oster reich, beinahe das größte unter zwei Dutzend Mitbewerbern. Heute, längst wieder den ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben, ist es das letzte Unternehmen die ser Art in Österreich, und noch immer setzt es seine Waren vor allem bei Schneidern und Schneiderinnen ab. Die Silesia hatte reisende Vertreter, die gehalten waren, alle Schneidermei ster ihres Gebietes aufzusuchen und mit den Musterbüchern zu versorgen. Etwa ein mal jedes Jahr fuhr der Repräsentant der Silesia mit dem Automobil vor. Der Vertre ter gegenüber seinen Kundschaften war der Schneider selbst. Er legte die Musterkollekhon der Kundschaft vor und bestellte den gewählten Stoff und das Zugehör bei der Wiener Niederlassung. Sieben Zehntel des Preises hatte der Schneider sofort bei Erhalt der Ware, die über Nachnahme geliefert wurde, zu bezahlen.^ Ein Zehntel des Preises, der dem Kunden verrechnet wurde, verblieb dem Schneider als eigener Gewinn.^ Das Schneiderhandwerk Es waren nicht nur die Schneidermeister wichtig für die Versandhändler, umgekehrt waren auch die Versandhändler wichhg für die Schneider. Zweitausend oder dreitausend Schneidermeister in Österreich, davon alleine tausend in der Hauptstadt, viele in Oberösterreich, noch mehr in Niederösterreich, führten die Muster der Silesia.^ Das heißt, einer von zehn oder zwölf Schneidern im Land hatte die Kollektion alleine dieses einen Hauses aufliegen, denn es gab in Österreich 1934 etwa 30.000 selbständige Schneider, jeweils zur Hälfte Herren- und Damenschnei der." Die Herrenschneider waren fast alle Männer, die Damenschneider Frauen. Zwi schen 1934 und 1951 nahm die Zahl der in der Schneiderei Tätigen um etwa ein Zehntel ab.' Die Schneiderei war ein Kleingewerbe, sie wurde in großem Maß von Selb ständigen betrieben. Die in der Schneiderei beschäfhgten Personen und ihre Ange hörigen machten zusammen fast 124.000 Personen aus. Besonders für Frauen war dieser Beruf eine Möglichkeit zur selbständigen Berufsausübung: Während nur zwei von hundert Personen der Wohnbevölkerung und weniger als drei von hun dert Berufstätigen aus diesem Beruf ihren Lebensunterhalt bezogen, waren drei von hundert selbständigen Männern und jede fünfte selbständige Frau in der Schneide rei tätig. ^ Auskunft Robert Granger. ^ Angaben Herbert Pammer und Anna Müller. ^ Nicht weniger sind es heute, dazu kommen dreitausend Schneider in anderen Ländern Europas und im Fernen Osten. '' Die Ergebnisse der österreichischen Volkszählung vom 22. März 1934, bearbeitet vom Bundesamt für Statistik. Bundesstaat. Tabellenheft, Wien 1935, Tabelle 12/117-118. ^ Möller, Berufsstruktur, Tab. 75.
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