OÖ. Heimatblätter 1998, 52. Jahrgang, Heft 3/4

Unser eifriger Holzknecht führte hoffnungsfroh und im Bewußtsein, etwas „Historisches" miterlebt zu haben, seine Feder. „Kein solches Jahr findet man in kei ner Weltgeschichte, wie in diesem Jahr 1848. Alle Thronen Deutschlands waren gestürzt und verändert, und kein Monarch konnte nicht mehr nach eigener Wüllkühr handeln, sondern mußte sich unter der Gewalt des Volkes beugen" läßt er das erste Drittel des Jahres pathetisch ausklingen. Dem kalten Winter mit rauhen Winden folgte ein ausgesprochen angeneh mer Frühling im Salzkammergut des Jahres 1848. Chronist Scheutz läßt uns wie derum wissen, daß es „schon 14 Tage vor Georgi bücheres Laub" gab. Es trieben also bereits um den 24. April die Buchen aus. Auch Kornähren reiften schon heran, „was doch äußerst selten der Fall ist". Am 23. April feierte man das Osterfest. Über all den großartigen und unglaublichen Nachrichten, die aus ganz Europa in seine Heimat drangen, vergaß Scheutz nie, die Kleinigkeiten des täglichen Lebens zu notieren, die ihm vermutlich viel näher standen: Witterung und Preise. „Die Theuerung ließ auch ziemlich nach ... der Brodleib kostete 33 Kreuzer, das Pfund Butter 54 Kreuzer, das Pfund Schmalz 1 Gulden 4 Kreuzer...", führt er aus. Wichtig waren die Kosten für die dringend benötigten Lebensmittel wie Kartoffeln, Mehl, Schmalz, Butter und Brot. Obwohl die Preise sanken, war doch für einen Brotlaib mehr auszulegen, als ein durchschnittlicher Tagelöhner verdiente. Viele Familien litten Not, denn vorerst hatte sich nichts verbessert. Hoher Besuch stand dieser Tage im Salzkammergut an: Kaiser Ferdinand machte Zwischenstation auf seiner Flucht nach Tirol. „Auch reiste mittelst May Sr. Majästät Kaiser Ferdinand aus Wien mit seinem ganzem Hofe wegen großen Unru hen ins Tyrol, wo sich aber in 13 Tagen hernach die 2te große Refolution anfangte... Ungewis und nichts bestimt." Trotz der überstürzten Abreise wurde man in Ischl über den Aufenthalt seiner Majestät schon vorher genau in Kenntnis gesetzt, um Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Dem Kaiser überreichte man bei seiner Ankunft ein Dokument, wo ihm die vollständige Loyalität der Salzkammergut-Bevölkerung versichert wurde. Dem Monarchen folgten zahlreiche Adelige, die sich vor den Unruhen in der Hauptstadt ins friedliche Salzkammergut flüchteten. Dies führte zu beißendem Spott in den nach Aufhebung der Zensur entstandenen Blättern, die sich über den „hohen Gongress zu Ischl" lustig machten. Johann Nestroy behandelte dies ebenfalls in „Freiheit in Krähwinkel", wo er mit spitzer Feder den Ablauf von März bis Mai 1848 aufrollt. Diese Posse mit Gesang, im Juli des Jahres uraufgeführt, enthält auch ein Gouplet über die „Weltg'schicht", wo er den Hauptdarsteller Ultra singen läßt: „Eine Freiheit vereint uns, wie a Sonn' nur bescheint uns, g'schehn auch Umtrieb von Ischl..." Tatsächlich muß es in diesem Jahr nur so von Polizisten und Agenten gewimmelt haben, denn es wurde heftig gestritten, ob die hohen Herrschaften in den Bädern von einer eigenen Badepolizei bewacht werden sollten. Detaillierte Baderapporte und Meldungen über durchfahrende Fremde mußten die lokalen Behörden an höhere Instanz leiten. Den noblen Familien sollte ein höchstes Maß an Sicherheit garantiert werden. Ischl wurde deshalb auch in der Zeitung „G'rad aus" (Nr. 33, vom 20. 6. 1848) angeprangert: Es sei nur ein Ort, „wo Aristokraten und

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