OÖ. Heimatblätter 1997, 51. Jahrgang, Heft 3/4

Wenn er auch nicht die ganze Dauer seines Linzer Aufenthaltes der Liederta fel als Mitglied angehörte, so hat er doch während der ganzen Zeit seine musikali schen Beiträge geleistet. Nach seiner Ubersiedlung nach Wien wurde er 1869 zum Ehrenmitglied ernannt. In enger Verbindung stand Bruckner auch zum 1857 von Alois Weinwurm ge gründeten Männergesang-Verein Sänger bund in Linz, dem er auch zwei Werke widmete (WAB 64 und 89) und in dessen Konzerten er oft als Pianist oder in Ver tretung von Weinwurm als Dirigent mit wirkte. Bruckner pflegte aber auch mit ande ren oberösterreichischen Vereinen freundschaftlichen Kontakt. 1869 wurde er Ehrenmitglied des Männergesangver eins in Wels, beim 1883 dort stattfinden den V. Oberösterreichisch-salzburgi schen Bundesfest wurde sein Chor Sän gerhund uraufgeführt. 1874 trat Bruckner erstmals mit der 1850 gegründeten Lie dertafel Vöcklabruck in Kontakt, die ihn 1883 schließlich zu ihrem Ehrenmitglied ernannte. In Briefwechsel stand er mit dem Liedertafel-Protektor und -Vor stand, Bürgermeister Dr. Alois Scherer (1836-1894). Zur Feier des 60. Geburtsta ges am 3. September 1884 brachte die Liedertafel unter Mitwirkung der Bür gergardekapelle dem Jubilar ein Ständ chen und veranstaltete einen Fackelzug. Durch seine häufigen Aufenthalte und Freunde hatte Bruckner auch engere Kontakte zu den musikalischen Vereinen in Steyr. So ernannte ihn der Männerge sangverein Kränzchen Steyr 1889 und die Steyrer Liedertafel 1894 zu ihrem Ehren mitglied. 1882 führten die Vereine ge meinsam den Germanenzug auf, wieder holt wurde auch der Chor Sängerhund aufgeführt.^ Für die Liedertafel Eferding kompo nierte Bruckner die beiden Motti „Ein ju belnd Hoch in Leid und Lust" und „Lebt wohl, ihr Sangesbrüder" auf Wunsch seines Ju gendfreundes Josef Seiberl für das Pas sauer Sängerfest, das vom 5. bis 7. Juli 1851 stattfand. Den Liederkranz Grein besuchte er von Bad Kreuzen aus, wo er 1867 zur Kur weilte. Auf Wunsch des Vorstandes widmete Bruckner dem Ver ein das Motto „Freier Sinn und froher Mut", WAB 147. Der Liedertafel Sierning wid mete er den Wahlspruch „Des Höchsten Preis, des Vaterlandes Ruhm", WAB 95. Das Chorwesen zur Zeit Bruckners Das Männerchorwesen zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand in engem Zu sammenhang mit der gesellschaftlichen Umstrukturierung der Zeit. Die Wende vom aristokratischen zum bürgerlichen Zeitalter unterwarf auch das Konzertund Musikleben allgemein einem deutli chen Wandel. Die bald weitverbreitete Pflege des Männergesanges lag durch aus in der politischen Entwicklung der Zeit begründet. Von Anfang an war das Männerchorwesen geprägt von deutsch nationaler Gesinnung, der Freude am Musizieren in der Gemeinschaft und von der Neuromantik im trivialen Sinne. Sängerfeste und Sängerfahrten wurden als Zeichen der „sängerischen" Verbun denheit angesehen. Diese Gemeinsam keit bestand oft nicht nur im musikali schen Geschmack, sondern auch in der ' Näheres zu Bruckners Stellung im Steyrer Mu sikleben bei Erich Wolfgang Bartsch, BrucknerPflege in Steyr bis zur Jahrhundertwende, in: IBG-Mitteilungsblatt 35, Dezember 1990.

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