OÖ. Heimatblätter 1997, 51. Jahrgang, Heft 3/4

Bruckner und die Chormusik seiner Zeit' Von Andrea Harrandt Bruckner und die Chormusik seiner Zeit - das ist eine kleine, aber nicht un wesentliche Facette im Leben jenes Kom ponisten, der vor allem als Symphoniker und Organist Bedeutung erlangt hat. Und dennoch treten die weltlichen Vo kalwerke im Werkverzeichnis Bruckners immerhin mit der stattlichen Zahl von 41 Nummern hervor. Bruckner kam schon früh mit dem Chorwesen seiner Zeit in Verbindung. Schon während seiner Tätigkeit als Schulgehilfe in Kronstorf und als junger Lehrer in St. Florian wurde er mit dem Liedschaffen seiner Zeit vertraut. In bei den Orten gründete er ein Männerquar tett, mit dem er die entsprechende Quar tettliteratur zum besten gab, selbst Werke für diese Gattung schrieb und bald in der ganzen Umgebung bekannt war. Aus der Florianer Zeit liegen auch Abschriften von Volksliedern „für eine Singstimme mit Klavierbegleitung" vor, die er für Louise Bogner, die Tochter des Schulmeisters Michael Bogner, anfer tigte: Annchen von Thurau, Der MondAbend, ein Lied aus dem Zauherschleier und einen Walzer.' In noch engeren Kontakt mit dem Chorschaffen seiner Zeit kam Bruckner dann in seiner Linzer Zeit, also in den Jahren 1855 bis 1868, durch die Liedertafel „Frohsinn". Mit dieser 1845 gegründeten und im Linzer Musikleben fest veranker ten musikalischen Vereinigung war Bruckner erstmals im Jahre 1853 anläß lich einer Sängerfahrt dieses Vereins nach St. Florian in Berührung gekom men. Bald nach seiner Ubersiedlung nach Linz trat Bruckner im März 1856 dem Verein als Mitglied bei. In der Ge neralversammlung vom 31. Oktober 1856 wurde er zum 2. Archivar der Lie dertafel gewählt. Während dieser Tätig keit, die er im Vereinsjahr 1856/57 aus übte, konnte er sich wesentliche Kennt nisse über das zeitgenössische weltliche Chorrepertoire aneignen. Während seiner Tätigkeit als Chor meister der Liedertafel „Frohsinn" be schäftigte sich Bruckner u. a. auch mit Volksmusik. In diesem Zusammenhang ist ein Brief vom 23. März 1861 an den Wiener Männergesang-Verein zu erwäh nen, in dem er neben anderen Werken auch das Notenmaterial von folgenden, von ihm selbst als „Volkslieder" bezeichne ten Stücken erbittet: „In einem kühlen Grunde, Schwäbisches Tanzlied".^ Ob er diese Werke oder andere dieser Art auch wirklich aufgeführt hat, ist nicht be kannt. * Überarbeitete Fassung eines Vortrages beim Symposium „Anton Bruckner und die Volks musik", veranstaltet von der Stadtgemeinde Vöcklabruck und vom Institut für Volkskultur am 14. September 1996. ' Vgl. dazu Göllerich/Auer 2/1, S. 39. - Die Hand schriften befinden sich im Oberösterreichi schen Landesmuseum, Linz. ^ Original des Briefes im Archiv des Wiener Männergesangvereins.

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