OÖ. Heimatblätter 1997, 51. Jahrgang, Heft 3/4

Ehren des Kaisers auf. Nur in den vier Ecken scheint der Schöpfer des Werkes in seinem Wappentier, dem Einhorn, auf, während der darunter befindliche Basi lisk sowie die Tiere und Pflanzen in den Zwischenfeldern (Schlange mit Öl lampe, Taube, Storch und andere) ent weder reine Dekorationsstücke sind, oder eine uns nicht mehr voll zugängli che symbolische Bedeutung haben. Nicht recht in dieses Schema einer Bluldigung an die Majestät des Kaisers lassen sich die am meisten ins Auge springenden Teile der Decke einordnen, die acht großen Gemälde mit den Tier darstellungen. Während die Planeten gottheiten im oberen Teil der Bilder noch auf den Herrscher bezogen werden können - sie umkreisen mit ihren Ge spannen das im Zentrum befindliche kaiserliche Wappen gelingt dies bei den Hauptdarstellungen nicht. Es sind lehrhafte Szenen aus dem Tierreich mit moralischer Nutzanwendung auf den Menschen. Die meisten von ihnen sind dem Physiologus entnommen, einer Na turlehre, die vermutlich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten im ägyp tischen oder syrischen Raum entstand, aber weit ältere Elemente enthält. Die frühesten deutschen Fassungen stam men aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Das Werk gehörte zu den Standardbü chern des christlichen Mittelalters; teils wurden seine Ausführungen als natur kundliche Tatsachen betrachtet, teils als moralische Exempel. Der Physiologus bringt nämlich zahlreiche Geschichten aus dem Tierreich, die als Analogien zu Ghristus oder als Beispiele für menschli ches Verhalten ausgelegt werden. Bis heute wirken die Physiologus-Fabeln nach, wenn wir etwa vom „Phönix aus der Asche" sprechen. Zwei der Darstel lungen unserer Kassettendecke lassen sich mit dem Physiologus nur mühsam oder gar nicht deuten. Uber den Szenen aus dem Tierreich fahren in ihren typischen Gefährten die Figuren der Planeten am Himmel dahin. Auf einem der acht Bilder fehlt ein sol cher Wagen, da man damals nur sieben Planeten (eigentlich fünf, und dazu noch Sonne und Mond) kannte. Die Darstel lungen sind weitgehend genormt, sie gleichen beispielsweise fast völlig denen im Holzschnittbuch des Hans Sebald Beham von 1530/40. So sitzt Jupiter hier wie dort auf einem von einem Pfauen paar gezogenen Wagen, die Räder zei gen die ihm zugeordneten Zeichen Schütze und Fische. Er hält einen langen, den Blitz symbolisierenden Pfeil in der Hand; vor ihm hockt sein Mundschenk Ganymed, der ihm eine Schale reicht. Alle Götterfahrzeuge sind goldfarben, über ihnen sieht man das astrologische Zeichen des betreffenden Gestirns. Die Tierszenen illustrieren offenbar das Wesen der über ihnen dahinziehen den Planeten, denn die Astrologie schreibt jedem Gestirn einen Charakter zu und einen gewissen Einfluß auf die Menschen. Der Hintergrund ist stets eher sche matisch gehalten, bevorzugt sind Felsen szenerien mit Gewässern, manchmal kommen auch Gebäude vor, zweimal werden weite Landschaften vorgeführt. Das kaiserliche Wappen Der nimbierte, schwarze Doppelad ler ist gekrönt von der österreichischen Kaiserkrone, die Rudolf II. anfertigen ließ. Das Wappenschild ist noch einmal

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