„Widrige Winde, sie können mich treiben, doch nimmer verwirren, gern ertrage ich das, was Gottes Wille heschliesst". Der Vers gibt die geistige Haltung des Abtes wider. Wir würden ihn heute als einen Fundamentalisten bezeichnen, der unter Berufung auf die göttliche Vor sehung seine Pläne durchzusetzen sucht. Er nahm in der Wandinschrift wohl Be zug auf die vielfachen Schwierigkeiten, mit denen er sich konfrontiert sah. Der erste Vers nennt die Jahreszahl 1602 und nimmt auf irgendwelche Er neuerungsarbeiten Bezug, die Abt Wasner an Gebäuden durchführte. Geht man von der sehr wahrscheinlichen An nahme aus, daß sich das Relief mit dem Distichon an dem Ort befindet, für den es bestimmt war, dann ist mit „diesem Gebäude" das Friorat von St. Wolfgang gemeint. Allerdings melden die Mondseer Bauakten (wie bereits oben er wähnt), 1608 sei die Bedachung des Ab teigebäudes schlecht gewesen. Man kann den Widerspruch zur Inschrift des Reliefs damit auflösen, daß man „tecta" mit „Decken" übersetzt, dann hätte aber der Abt zuerst die Zimmerdecken und dann erst die Dächer hergerichtet, was etwas ungewöhnlich wäre. Eher ist anzu nehmen, daß das Jahr 1602 den Beginn der Bauarbeiten bedeutet, die sich län gere Zeit hinzogen, sodaß sechs Jahre später das Dach des Hauptgebäudes im mer noch nicht ausgebessert war. Die Zeit der Fertigstellung, und damit der Anbringung der Kassettendecke, läßt sich daher auf die sieben Jahre zwischen 1608 und 1615, dem Zeitpunkt der Resi gnation des Abtes, eingrenzen. Bezieht man das zentrale Wappen auf Kaiser Ru dolf II., dann muß die Decke um 1612 fertig geworden sein, denn in diesem Jahr endete die Regierungszeit dieses Herrschers. Auch das zweite Distichon läßt sich zwanglos in diese Zeit einordnen, als der Abt mit immer größeren Schwierigkei ten innerhalb und außerhalb seines Klo sters konfrontiert war. Er kündigt in die sem Vers an, daß er nicht nachgeben werde und die Schwierigkeiten als Prü fungen Gottes betrachte. Die Bildinhalte der Kassettendecke Im mittleren Feld der 12 mal 9 Meter großen Kassettendecke ist ein Wappen mit Doppeladler und zwei Kronen ange bracht (Abb. 2). Es handelt sich um das Wappen, das der von 1576 bis 1612 re gierende Kaiser Rudolf II. führte. Sein Nachfolger Matthias (1612-1619) hat es unverändert übernommen, sodaß es auf diesen oder jenen Kaiser bezogen wer den kann. Wahrscheinlich ist aber die Zuschreibung an Rudolf II., denn er hatte Johann Christoph Wasner zum Abt von Mondsee gemacht. Seine „glückhaf ten Waffen", auf die in den Notenblät tern unserer Decke Bezug genommen wird, hatten die Türken bekämpft, wäh rend aus der Regierungszeit Kaiser Mat thias keine besonderen Erfolge zu rüh men waren. Welcher Monarch immer gemeint war, die Decke ist jedenfalls als Huldigung auf den Kaiser aufzufassen. Um das kaiserliche Wappen sind die vier Elemente angeordnet, offenbar, um die Universalität seiner Herrschaft anzu deuten, links und rechts singen je zwei Kindergestalten das Lob des Herrschers von den Notenblättern, und auch die vier oben und unten befindlichen Kinder spielen auf ihren Instrumenten wohl zu
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