OÖ. Heimatblätter 1997, 51. Jahrgang, Heft 3/4

Als Pilgerhaus diente der Bau schon lange nicht mehr, zumindest ist keinerlei Nachricht davon überliefert, er war nur mehr Wohnung von Mönchen und Pfarrhof. Nach der Aufhebung des Klo sters Mondsee 1791 wurde er zwischen dem Pfarrherrn und dem (privaten) In haber der ehemaligen Kloster-„Herrschaft" geteilt, bis 1922 die Pfarre ihren Anteil gegen Errichtung eines neuen Pfarrhofes dem Gutsbesitzer abtrat. Seit her gehört ihm das mittlerweile „Schloß" genannte Gebäude allein, er verwaltet von hier aus seinen Gutsbesitz, der im Volksmund immer noch „Iderrschaft" heißt. Es handelt sich um die Familie Scheidt, die aus Kettwig im Ruhrgebiet stammt, 1917 den Besitz erwarb und seither in St. Wolfgang heimisch gewor den ist. Erwähnt sei, daß in diesem Pfarrhof im vorigen Jahrhundert ein hochmittelal terliches Evangelienbuch aufbewahrt wurde, das die damalige Reiseliteratur als besondere Sehenswürdigkeit von St. Wolfgang erwähnte. Es kam später in die Südtiroler Abtei Marienberg und wurde in der Zwischenkriegszeit von dort in die Vereinigten Staaten verkauft, ohne daß man wußte, wohin. Sein derzeitiger Aufbewahrungsort ist unbekannt. Die Baugestalt des „Schlosses" von St. Wolfgang Es handelt sich um einen Vierkanter, der um einen kleinen Hof herum ange legt ist. Die einzelnen Trakte stammen aus verschiedener Zeit, die Bauge schichte ist noch nicht erforscht, dürfte aber recht kompliziert sein, zumal auch in unserem Jahrhundert noch etliche Umbauten vorgenommen wurden. Der Hof wird weitgehend ausgefüllt von ei nem natürlichen Felsen, der nicht abge graben ist, sondern im westlichen Be reich das ganze untere Geschoß abdeckt. Interessanterweise ist in diesen Felsen, der in dem engen Hof relativ hoch auf ragt, eine Stiege eingemeißelt, die nach unten blind endet. Es scheint, als sei ihr unterer Teil, der geradewegs auf die Ecke der Kirche zuführt, durch den Ostflügel des Gebäudes überbaut. Das Ganze macht einen recht urtümlichen Eindruck. Der Bau selber ist relativ nüchtern, er beherrscht die Hauptstraße von St. Wolf gang. Uber dem straßenseitigen Eingang steht eine Statue des heiligen Wolfgang mit Beil und Stab, der kirchenseitige Ein gang ist mit den Wappen des Klosters Mondsee und der Besitzerfamilie ge schmückt. Im Inneren findet sich im Erd geschoß ein Wappen des Abtes Wolf gang Haberl. Ansonsten gibt es kaum mehr alte Bauzier und Einrichtungsge genstände, außer der Kassettendecke, die uns im folgenden beschäftigen soll. Abt Johann Christoph Wasner von Mondsee (1592-1615) Der Abt, der dieses Kunstwerk in Auftrag gab, war eine hochinteressante Persönlichkeit. Er wurde aus dem Stift Niederaltaich in Bayern nach Mondsee berufen, als die Habsburger sich bemüh ten, geeignete Persönlichkeiten aus dem Ausland für die Leitung der darnieder liegenden österreichischen Klöster zu gewinnen. Wasner war ein typischer Re formabt, der mit Erfolg bestrebt war, das durch die Reformation schwer mitge nommene Kloster Mondsee zu erneu ern. Sein Glaubenseifer verband sich mit Härte und Eigenwilligkeit. Er bekämpfte

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