nicht zu Ende gelesen. Es ist aber ohnedies ein Buch für mehrmaliges Lesen. Josef Demmelbauer Joseph P. Strelka: Mitte, Maß und Mitgefühl. Werke und Autoren der österreichischen Litera turlandschaft. (Literatur und Lehen, Bd. 49). Wien: Böhiau-Verlag, 1997. 228 Seiten, broschiert, S 398,-. Der bekannte, 1927 in Wiener Neustadt ge borene Literaturhistoriker Joseph P. Strelka, der seit Jahren in den USA als Professor für deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft tätig ist, geht in diesem Sammelband in 15 Beiträgen den Eigenheiten der österreichischen Literatur inner halb der gesamtdeutschsprachigen nach. Er be ginnt mit einem Vergleich zwischen Stifter und Fontane, der allein schon den Kauf des Buches lohnen würde. Dieser Vergleich, angestellt an Stif ters „Nachsommer" und am „Stechlin" von Fon tane mit ihren herausragenden Figuren, dem Frei herrn von Risach, einem in den Adelsstand erho benen Bürgerlichen, und dem Baron von Stechlin, einem typischen Vertreter des altpreußischen Jun kertums, das „bereits vor den Hohenzollern da war", ist so lehrreich wie anschaulich und wird wohl einige Leser zur (neuerlichen) Lektüre dieser großen Romane verleiten, was wiederum ein Ver dienst dieses Aufsatzes von Strelka wäre. 1998 wird gewiß des 100. Todesjahres Fontanes gedacht werden. Aus Platzgründen können die weiteren Beiträge nicht einmal genannt werden, doch sei der aus Galizien stammende „vergessene Literat" Karl Emil Franzos (1848-1904) herausgehoben, dem Horst Sendler, der literaturkundige Präsident des deutschen Bundesverwaltungsgerichts, in der in Frankfurt erscheinenden Neuen Juristischen Wochenschrift 1987, Nr. 23, einen Gedenkstein ge setzt hat. Aus jüngster Zeit kommen die großen Romane des Matthias Mander, der Industriema nager war; von ihnen, dem „Kasuar", den „Wü stungen", dem „Sog" und „Cilia" handelt Streikes letzter Beitrag. Fazit: Eine Pflichtlektüre jedenfalls für Deutschlehrer jeder Stufe, zu empfehlen aber jedermann mit Interesse für insbesondere öster reichische Literatur. Ein Wort noch zum Titel: Im Vorwort berichtet Strelka, er habe dem Buch, auf Stifter zurückgreifend, ursprünglich den Titel „Des sanften Gesetzes zeitlose Macht", zu dem ja Mitte, Maß und Mitgefühl gehören, geben wollen. (Auf S. 24 ist der auf S. 15 richtig geschriebene Name „Barby" zweimal falsch geschrieben.) Josef Demmelbauer Ernst Kobau: Rastlos zieht die Flucht der Jahre. Josephine und Franziska von Wertheimstein - Ferdinand von Saar. Wien: Böhiau-Verlag, 199.7 715 Seiten mit 8 Abbildun gen, gebunden, S 980,-. Ferdinand von Saar (1833-1906) wird wohl bald - wenn auch zu Unrecht - zu den vergesse nen Dichtern gezählt werden müssen. In Heft 2/83 der „Rampe" hatte Gertrud Fussenegger aus Anlaß des 150. Geburtstages des Dichters sein Werk als „eine einzige poetische Notation zum langsamen Untergang des alten Osterreich" bezeichnet. 1986 waren in der Reihe „Osterreichische Bibliothek" Saars „Novellen aus Osterreich" mit einem Nach wort, Anmerkungen und einer Zeittafel des Her ausgebers Roman Rocek herausgekommen, und ein Jahr nach dem 90. Todestag des Dichters stellt ihn Ernst Kobau, promovierter Historiker, seit 1975 Oboist bei den Wiener Symphonikern, in das Ambiente der - vornehmlich Wiener - Kultur geschichte des letzten Drittels des 19. Jahrhun derts. Es ist auch die Geschichte des Mäzenaten tums des jüdischen assimilierten Großbürger tums, exemplifiziert an der Familie Wertheimstein, es ist Salongeschichte, aber auch Entstehungszeit der Psychoanalyse. Das große Belesenheit des Verfassers zeigende Buch ist in vier Teile geglie dert: Die beiden ersten Teile - bis S. 339 - sind den im Titel genannten Damen - Mutter und Tochter - und der „Kultur des Salons" (S. 259339) gewidmet, während der dritte - für mich in teressanteste - Teil Saar selbst und den Novellen „Schloß Kostenitz" und „Die Pfründner" gilt (S. 341-490). Abgeschlossen wird der Band durch den Briefwechsel Saars mit den adeligen Damen. Saar hatte aber neben wehmütigem Versinken in die Vergangenheit ein Sensorium für die soziale Frage, wie vor allem seine „Steinklopfer" oder ein zelne Gedichte zeigen, auf die A. Schmidt (Eferding) in „Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert", Bd. 1, S. 166, verweist. Weiß man noch, daß auch die folgenden Zeilen von Saar stammen? Der du die Wälder färbst, Sonniger milder Herbst, Schöner als Rosenblühn Dünkt mir dein sanftes Glühn ..." Zumindest der Lyriker Saar ist nicht zeitge bunden. Josef Demmelbauer
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