OÖ. Heimatblätter 1997, 51. Jahrgang, Heft 3/4

oberösterreichische obere Kremstal, ausgewählt, da dort der Mangel an vielfältiger urkundlicher Überlieferung aus dem frühen Mittelalter die ge netische Siedlungsforschung geradezu herausfor dert, schreibt der Autor in seinem Vorwort. Traditionelle Siedlungsgeschichten haben selten alle verfügbaren Quellen zur Erforschung herangezogen. Das ist auch einer der Gründe, warum über den Zeitraum Karolinger - Salier (8. bis 11. Jahrhundert) zwar im Bereich der Herr schaftsgeschichte viel geschrieben wird, die not wendigen sozialwirtschaftlichen Grundlagen da für jedenfalls selten vorhanden sind. Der Autor stellt uns dabei an Hand von zahl reichen Unterlagen das obere Kremstal nach ana lytischen Prinzipien vor (Siedlungsnamen, rück schreitende Fluranalyse, Zehente, Größenrelation der Siedlungen). In diesem Zusammenhang wer den auch die unterschiedlichen Altsiedlungen - zu Sammelsiedlungen zerfallene Höfe des Gebie tes - näher untersucht und siedlungsgenetisch hinterfragt. Das umfangreiche Quellenmaterial und Literaturverzeichnis zu dieser ausgezeichne ten landeskundlichen Publikation vermittelt uns einen Einblick in eine Region, die herrschaftsge schichtlich durch Kremsmünster und Scharnstein urkundlich gut dokumentiert ist. Der Autor hat uns durch seine vorliegende Untersuchung neue Perspektiven eröffnet, die nicht nur für die Wissenschaft, sondern vor allem auch für jeden, der sich mit Heimatforschung be schäftigt, interessant sind. Hans Sperl Franz Mandl / Günther Cerwenka: Das östliche Dachsteinplateau. 4000 Jahre Geschichte der hochalpinen Weide- und Almwirtschaft. Gröhming: Verein Anisia, 1996. 165 Seiten, zahlreiche Schwarzweißahhildungen. ISBN 3-901071-08-3 Der Autor versteht dieses Buch als Bestands aufnahme der Fundberichte aus vier Jahrtausen den, die auf ein überraschend frühes Einsetzen der Weidewirtschaft schließen lassen. Das Buch ist ein Werk, das die Funde in einzelnen Horizonten be leuchtet, wie Mittel- und Spätbronzezeit, Römer zeit, Frühmittelalter, Hochmittelalter und Spätmit telalter sowie Neuzeit. Auch Volkskundliches aus dem östlichen Dachsteingebirge wird gebracht. Die in zahlreichen Abbildungen wiedergegebenen historischen Ansichten der Almen, wie zum Bei spiel der Gjaidalm am Dachstein, dürften auf be sonderes Interesse stoßen. Hans Sperl Willibald Katzinger / Johannes Ebner / Erwin M. Ruprechtsberger: Geschichte von Enns. Herausgegeben von der Stadlgemeinde Enns 1996. 548 Seiten. Man kann mit Berechtigung sagen, daß Enns, das sich gerne als älteste Stadt Österreichs rühmt, nunmehr nicht nur die jüngste, sondern wohl auch die schönste Stadtgeschichte Österreichs be sitzt, und wohl auch eine der wissenschaftlich kompetentesten. Drei Ennser, alle drei namhafte Historiker, alle drei in Linz tätig, aber in Enns wohnhaft, haben sich zusammengetan, diese Stadtgeschichte herauszubringen, die durch ihre hervorragende Ausstattung besticht, die sich her vorragend liest und die, und das ist in diesem Fall das Ausschlaggebende, auch fachlich kaum Wün sche offenläßt. Schon in der Einleitung präzisieren die Auto ren, daß sich die Stadt Enns nie über mangelndes Interesse der Geschichtsforschung beklagen durfte, aber gerade die Wissenschaftsgeschichte am Beispiel Enns auch ein Beispiel dafür abgeben kann, wie oft auch geistige Größen irren konnten; von Adalbert Stifter bis Ignaz Zibermayr, von der „Lorcher Legende" bis zu manchen modernen Wissenschaftsfehden und stadthistorischen Pre stigekämpfen, für die Enns ein ideales Feld abgab und immer noch abgibt. Eine „moderne Gesamtschau" im Fall einer Stadtgeschichte bedeutet, daß hier nicht eine chronikalisch-lexikalische Perspektive gewählt wurde, der so viele regional- und lokalgeschichtli che Darstellungen verfallen, sondern daß am Bei spiel von Enns die Geschichte ganz Österreichs le bendig wird. Sicher, man wird sagen müssen, das geht bei Enns leichter als bei den meisten anderen Städten. Aber die Art, wie die drei Autoren die Geschichte von Enns angegangen sind, kann hier auch als Vorbild hingestellt werden. Die Hauptarbeit an dieser Ennser Stadtge schichte hat Willibald Katzinger geleistet, der nicht nur die redaktionelle Führung übernommen, sondern auch den Mittelalterteil beigesteuert hat und beim Zeitgeschichteteil für einen ausgefalle nen Beitrag als Retter einspringen mußte. Dieser Umstand und der bei derartigen Pro jekten immer gegebene Zeitdruck sind einzukal kulieren, wenn die Autoren in der Einleitung ein bekennen, „nicht alle Quellen ausgeschöpft" und „nicht alle Themen erschöpfend aufbereitet" zu haben, und wenn sich da und dort Flüchtigkeiten eingeschlichen haben und Fehler herausstellen.

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