OÖ. Heimatblätter 1997, 51. Jahrgang, Heft 3/4

Ein Beitrag über kaiserliche Anordnungen aus der Zeit von 1782 bis 1790 Von Franz Sonntag Kaum ein österreichischer Herr scher ist bei den heute Lebenden so be kannt wie Joseph II. (1741-1790). Was sind die Gründe hiefür? Nun, wohl die wenigsten waren mit der Masse des Vol kes so verbunden wie er, den man aus Sympathie und Achtung mit dem Prädi kat „Volkskaiser" bedachte. Nach dem Tode seines Vaters Franz Stephan wurde er 1765 römisch-deutscher Kaiser und gleichzeitig in den österreichischen Erb landen Mitregent, gemeinsam mit seiner Mutter Maria Theresia (1717-1780), mit der er häufig nicht einer Meinung war. In seinem Denken und Handeln war er ganz der Aufklärung zugewandt, jener Geistesströmung des 18. Jahrhunderts, die sich in vielen Belangen von voraus gegangenen Epochen wesentlich unter scheidet und die vorgibt, den Menschen durch die reine Vernunft glücklicher und natürlicher zu machen. Was seine Mutter mit Takt und Rücksicht reformieren wollte, hat Joseph oft zu rasch und rück sichtslos den Untertanen aufzwingen wollen. „Alles für das Volk, aber nichts mit dem Volk" war eine seiner Devisen. So kam es, daß er so manche Anord nung wieder zurücknehmen mußte bzw. nach seinem Tod von seinen Nachfol gern zurückgenommen oder abge schwächt wurde. Im Propsteiarchiv Mattighofen be findet sich unter der Handschrift Nr. 167 ein Protokollbuch über „mitgetheilte Al lerhöchste Verordnungen" ab 1782. Diese gelangten über das Kreisamt Ried unter anderem auch an das Dekanat Mattighofen. Der Dechant wiederum hatte dafür zu sorgen, daß alle Geistli chen seines Dekanates über den Inhalt in Kenntnis gesetzt wurden, und er war auch für die Durchführung der ergange nen Befehle und Anordnungen, oft bei Androhung einer Geldstrafe, verant wortlich. Diese zeitgeschichtlichen Doku mente erlauben es, sich ein noch genaue res Bild über Joseph II. und seine Zeit zu machen, als es etwa Anekdoten vermö gen, weil sie direkter und objektiver sind. Aus vielen vom Kaiser erlassenen Anordnungen spürt man den Sinn für Wirtschaftlichkeit, der bei ihm ja beson ders ausgeprägt war. Das zeigt sich auch bei der im Jänner 1782 verfügten Auflö sung aller Orden und Klöster, die sich nicht mit Krankenpflege und Jugend erziehung beschäftigen, da sie ihm „ganz und gar unnütz" erscheinen, und die Schließung der vielen Filialkirchen. Dar über aber findet man in dem vorliegen den Protokollbuch nichts. Im Mai 1784 beklagt sich der Kaiser, daß die Geldausflüsse nach Passau durch die Geistlichkeit kein Ende neh men wollen, nachdem doch das Innvier tel 1779 zu Österreich gekommen war. 1785 wurde die Diözese Linz gegründet. Auch bei der von ihm verfügten Auf lassung von Feiertagen stand die Wirt-

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