OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 3

Nach dieser Abschweifung nun zur imponie renden Festschrift: Aus ihr schließt an das eben Gesagte an der Beitrag von Weinacht über die „Föderalisierungspolitik der Besatzungsmächte in Deutschland (1945-1947)" mit dem Untertitel: „Warum wurde das Land Baden nicht wiederher gestellt?". Die Festschrift mit 70 (!) Beiträgen ist geglie dert in vier große Themenkreise: Den Anfang ma chen „Begegnungen mit Hans Maier": Bundes kanzler Kohl und Finanzminister Waigel sind un ter den Politikern die bekanntesten; am Beginn stehen aber die Schriftsteller Martin Walser (mit einem Gedicht) und der nahe Passau lebende Rei ner Kunze. Der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel kommt mit einer Horaz-Zeile gra tulieren: „ridentem dicere verum", der Welt lä chelnd die Wahrheit sagen. Der zweite Themenkreis „Politik und Ge schichte" ist unterteilt in die Ideengeschichte und ältere Staatslehre (mit zehn Beiträgen), in die Zeit geschichte des 20. Jahrhunderts (mit neun Beiträ gen) und in die „aktuelle Gegenwart" mit der deutschen Wiedervereinigung, internationalen Problemen und „Theoretischem". Hans Maiers Kultusministertätigkeit ist im dritten Themenkreis angesprochen: Bildung - Wissenschaft - Erziehung. Lehrer aller Schularten sind hier zum Lesen aufgerufen, angefangen von der gesellschaftlichen Verantwortung der Geistes wissenschaften (W. Frühwald, S. 475 ff.) bis zur Be trachtung des Deutschunterrichts durch den Ge schäftsführer des Deutschen Taschenbuch-Verla ges (dtv) von 1961 bis 1990: „Hat die ,klassische' Bildung ausgedient?", so fragt Heinz Friedrich, in dem er - jetzt leider schon „passiert" - die Liqui dation der Bildungsidee vorerst in einer Recht schreibreform gipfeln sieht, „die sich vornehmlich an Wörtern der klassischen Bildungsherkunft, sie primitivierend und ihre Abstammung verwi schend, zu vergreifen versuchte". Anstatt die „Empfänglichkeit für das Triviale" zu fördern, sollte der Deutschunterricht sich über den Tag er heben. Schon der von Heinz Friedrich (S. 549) zi tierte alte Fontane sagte: „ ... Zu keiner Zeit... ist die Welt mit Lavendel- und Rosenwasser gemacht worden; immer hat das äußerliche Grobe den Tag bestimmt, aber das innerlich Feine bestimmte die Zeit." Das „innerlich Feine" zu vermitteln, wäre aber das Ziel der klassischen Bildungsidee, um dem televisionären „Mord zum Sonntag" entge genzuwirken, der Brutalisierung der Kultur (H. Friedrich, Im Narrenschiff des Zeitgeistes, S. 16). Der letzte Themenkreis behandelt Kirche und Religion. Dem überzeugten Katholiken Hans Maier sind neben Joseph Rovans Überlegungen zum Thema „Kirche und Demokratie" (siehe unser Kirchenvolksbegehren) noch zehn andere Bei träge gewidmet, darunter der des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz: Karl Lehmann, Bischof von Mainz, erörtert anhand des ersten Halbsatzes der Präambel des Bonner Grundgeset zes „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen" das Menschenbild der Demokratie (S. 571 ff.). Alle siebzig Namen der großteils prominen ten Autoren zu nennen, wäre zwar möglich gewe sen, doch auch dies wäre dem Rang ihrer Beiträge nicht gerecht geworden. Vielleicht vermögen aber die hier gemachten Andeutungen doch ein ange messenes Interesse an dieser würdigen Festschrift zu wecken. Josef Demmelbauer Roman Schnur: Revolution und Weltbürger krieg. Studien zur Ouvertüre nach 1789. Berlin: Duncker & Humhlol, 1983. U6 Seiten, S 344,-. Es ist eher ungewöhnlich, ein vor 13 Jahren erschienenes Buch anzuzeigen, das aus sechs Auf sätzen besteht, die erstmals zwischen 1961 und 1980 veröffentlicht wurden. Ungewöhnlich ist aber auch das hohe Niveau und die heute nur noch selten anzutreffende Bildung, die daraus hervorleuchtet. Der Verfasser, emeritierter Profes sor für Staatsrecht an der Universität Tübingen, Jahrgang 1927, auch ein Kenner der österreichi schen Geschichte und ein Freund Österreichs, ist im Bereich von Geschichte und „schöner" Litera tur ebenso beheimatet wie in seiner Fachwissen schaft. Das allein ist es aber nicht, was zu dieser Buchanzeige herausfordert: Vielmehr sind es ge wisse Parallelen zwischen den Folgejahren der Französischen Revolution von 1789 und jenen, in denen wir seit dem Zusammenbruch der kommu nistischen Systeme in Europa 200 Jahre später ste hen. „Denn wer leugnet es wohl, daß hoch sich das Herz ihm erhoben. Ihm die freiere Brust mit reineren Pulsen geschla gen, Als sich der erste Glanz der neuen Sonne heran hob. Als man hörte vom Rechte der Menschen, das al len gemeinsam sei.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2