OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 3

Martin Schimek: Musikpolitik in der Salzburger Aufklärung. Musik, Musikpolitik und deren Re zeption am Hof des Salzburger Fürsterzbischofs Hieronymus Graf Colloredo. Europäische Hochschulschriften, Reihe XXXVI, Musik wissenschaft, Vol. 151. Frankfurt am Main - Berlin - Bern - New York - Paris - Vfien: Peter Lang, Europäi scher Verlag der Wissenschaften, 1995. ISBN 3-631-48885-8 Auch wenn Oberösterreich nicht dem Machtbereich des Salzburger Fürsterzbischofs un terstand, gingen aufgrund der geografischen Nähe und der kulturellen Ausstrahlung der Resi denzstadt von dieser wichtige Impulse auf das oberösterreichische Kulturleben aus. Im Bereich der Musiküberlieferung finden wir in den Klö stern großteils durch den Kontakt zur Salzburger Universität umfangreiche Bestände von Salzbur ger Meistern, die das dortige Musikleben nach haltig prägten. Schimek versucht, die Anordnungen des Erzbischofs Colloredo (1772-1803), des letzten, der zugleich auch Landesfürst war, zum Musikleben am Hof, in der Stadt und im gesamten Fürstentum und Bistum zu erschließen, mit besonderem Blick auf die Reformabsichten eines absolutistischen Herrschers der Aufklärung hinsichtlich der musi kalischen Repräsentation, des künstlerischen Schaffens und der Gestaltung der Musikpro gramme am Hof, in der Kirche und bei öffentli chen Feierlichkeiten. Grundsätzlich müßte man etwas weiter aus holen, will man die katholische Aufklärung und den Josephinismus als Geisteshaltungen, denen Erzbischof Golloredo verbunden war, erörtern. Es wäre nötig, den Blick auf die europäische Aufklä rung zu richten und von dort her zu beurteilen, in wieweit, wie unterschiedlich und spezifisch Collo redo, seine Vorgänger und auch andere Herrscher dieser verpflichtet waren. Was hier unter „katholi scher Aufklärung" und „Josephinismus" zu lesen ist, ist ziemlich unsystematisch bzw. der Autor hat die wesentlichen Momente dieser Geistesströ mungen des 18. Jahrhunderts in ihrer Relevanz zu den kulturellen Absichten des Salzburger Kir chen- und Landesfürsten nicht ausreichend her ausgestellt. Auch die dafür keineswegs repräsen tativen Literaturangaben verraten die mangelhafte Befassung des Autors mit diesem Thema. Hier stößt man auch auf die Fragwürdigkeit des Untertitels des Buches. Wer ist/sind hier ei gentlich als Rezipient/en anzusehen? Der absoluti stische Fürsterzbischof und der von ihm domi nierte Hof? Oder wurden nicht doch seine „Mu sikpolitik" - besser gesagt: seine Reformabsichten und Anordnungen hinsichtlich der Musikpflege - von den verschiedenen Trägern des Musiklebens im ganzen Fürstentum rezipiert? Stand Golloredo mit seiner Gesinnung, seiner Mentalität, seinem Regierungsstil und Reformprogramm im Schlepptau anderer absolutistischer Herrscher? Vielleicht hätten solche Fragen zu einer etwas logischeren, der jeweiligen Bedeutung der musik historisch relevanten Reformschritte entsprechen den Anordnung der Kapitel beigetragen. Auf die im I. und II. Kapitel dargelegten kultur- und gei stegeschichtlichen und wirtschaftlichen Voraus setzungen in Salzburg erwartet man ein Kapitel über die Musik am Salzburger Fürstenhof vor und unter Golloredo mit Erörterung der Funktio nen, Organisation und Anstellungsmodalitäten der Hofmusiker (aus Kapitel VI). Das III. Kapitel über die Kirchenliedreform sollte man in das IV. Kapitel über die Kirchenmusik am Dom und im Bistum einarbeiten. Denn die erwähnten deutsch sprachigen instrumentalbegleiteten Kirchen werke, typische Produkte der Aufklärung, stehen in enger Verbindung mit der Kirchenliedreform. Was im V. und VII. Kapitel über das Theater wesen und öffentliche Feiern zu lesen ist, sollte nach den jeweiligen Trägern deutlich abgegrenzt werden. Nicht selten begegnet man in der Ausdrucks weise einer plaudertonartigen Erzählung in IchForm, umständlichen Formulierungen oder gar nur notizartigen, (noch) nicht ausformulierten Kurzangaben, die mitunter auch mißverständlich sind. Besonders ins Auge fällt das ungewöhnliche Layout, dessen Eigenheiten keineswegs besserer Ubersicht oder Lesbarkeit dienen. Schriftgrößen, Zeilenabstände, Leerzeilen, Absatzbildung usw. ergeben zwar ein dickeres Buch, aber kein ausge wogenes Schriftbild. Die unverzeihlich vielen Tippfehler grenzen an Unsicherheiten in Ortho graphie und Grammatik. Störend ist auch die Ver einheitlichung von Gedanken-, Binde- und Ab kürzungsstrichen und die völlig inkonsequente Verwendung des Kursivdruckes. Karl Mitterschiffthaler

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