OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 3

Lied auf dem Friedhofe Sanfte Gräberkühle! Lind'rung gibst du mir! Aus dem Weltgewühle Flücht ich mich zu dir! Fromm ergibt mein Wille Sich in deiner Stille! Ernste Vorbereitung Sucht der Jüngling hier; Und des Lebens Deutung Liegt enthüllt vor mir. Lust wird bald zu Trauer - Jenseits nur ist Dauer! Von der Erde Dingen Reißt das Herz sich los; Alles eitle Ringen Ruht im Grabesschooß. Schlummert sanft, ihr Lieben, Friede nur ist drüben! Alle Differenzen Gleichen hier sich aus; Bettler - Excellenzen Ruh'n in einem Haus; Denn wir werden Brüder Erst im Grabe wieder. Die in Haß sich schieden. Feindlich sich verhöhnt. Sind vereint in Frieden, Denn der Tod versöhnt. Nur ein selig Lieben, Rache herrscht nicht drüben. An dem Todesorte Bricht das harte Herz, Und die Grabespforte Offnet heißer Schmerz, Männer seh' ich weinen Bei den Leichensteinen. Greise seh' ich treten An der Gräber Ranft, Leise hör' ich beten: „Brüder, ruhet sanft! Bald, wie ihr da drinnen, Zieh'n auch wir von hinnen!' Eilig flieh'n die Jahre, Müde sinkt das Haupt; Näher ist die Bahre, Als der Mensch es glaubt. Früher Staub muß werden, Was da lebt auf Erden. Das auch darf nicht bleiben. Was die Asche barg; Alles muß zerstäuben, Hügel, Kreuz und Sarg. Wo die Sterne schweben. Dort nur ist das Leben! D'rum bei heil'gem Düstern Weil' ich gerne hier; Die Cypressen flüstern Süße Tröstung mir: „Harre deiner Lieben, Wiederseh'n ist drüben!" Von den schwäbischen Dichtern seien Uhlands „Der gute Kamerad" (1809) („Ich hatt' einen Kameraden, einen bes sern findst du nit") und Justinus Kerner (t 1862): „Der schmerzreiche Ton" ge nannt: Wehlaut aus dem Totenzimmer, Glockenklang, der Schüler Ghor, Das sind Töne wohl, die immer Schmerzreich dringen an mein Ohr. Doch ein Ton im Haus der Leiche Bringet mir vor allen Schmerz, Ton, bei dem ich stets erbleiche, Ton, der mir zerreißt das Herz, Ton aus stiller Totenkammer, Wo der Mensch im Leichenschrein - Wenn der Tischler mit dem Hammer Schlägt den ersten Nagel ein.

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